John Kerry im Kreml – Der Feind kam nach Moskau

 

 

John Kerrys Besuch in Moskau diente wohl nur einem Zweck: Dem Kreml auf Kosten Syriens ein unmoralisches Angebot bezüglich der Ukraine zu machen. Doch Russland kann in der gegenwärtigen Lage fast nur gewinnen.

Ein Gastartikel von Thomas Roth

Quelle: Contra Magazin

 

 

Der Besuch des Außenministers John Kerry – und dann noch auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin – gewährleistet, dass die Vorschläge, die er bei seinem Treffen mit Wladimir Putin auf den Tisch legen wird, nicht trivial sondern schon ernsthaft sein werden. Dabei sollten wir im Hinterkopf behalten, dass die USA heute der Feind der Russen sind. Ökonomisch. Weil der Sanktionskrieg bereits das zweite Jahr geht und  kein Ende davon absehbar ist.

 

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird man uns die Einzelheiten der Vorschläge nicht erzählen, obwohl Sergej Lawrow die Themen schon benannt hat: Syrien und die Ukraine. «Ich bin mit der von Ihnen formulierten Beschreibung vollständig einverstanden und sie stimmt mit dem überein, was wir früher besprochen haben», bestätigte John Kerry. «Ich denke, heute kann für uns ein wichtiger Tag vom Gesichtspunkt der Erringung eines Fortschritts werden. Bereits früher haben Präsident Putin und Präsident Obama unmißverständlich erklärt, dass sie einen Weg zur Lösung der Krise in Syrien und in der Ukraine finden wollen. Natürlich, es existieren Differenzen zwischen unseren Ländern, aber ungeachtet dessen haben wir schon demonstriert, dass wir wirksam zusammenarbeiten können». Und er hat dann noch optimistisch geendet:
«Für die Welt ist es gut, dass zwei Mächte einige Berührungspunkte gefunden haben».

 

Mit der Zeit könnten wir nach den indirekten Hinweisen wahrscheinlich doch noch erraten, was konkret in dem Schreiben steht, welches der Kollege von Barack Obama übergeben hat und was so wichtig war, dass es nicht telefonisch gemacht werden konnte. Aber sinnvollerweise auch nur dann, wenn die Vorschläge angenommen werden sollten. Wenn nicht, dann wird das Geheimnis des Besuches des Staatssekretärs nicht aufgedeckt werden.

 

Jedoch können wir immerhin ja versuchen uns zu überlegen, was John Kerry nach Moskau geführt haben könnte.

 

Die Annahme liegt auf der Hand, dass die Rede vom Tausch der Ukraine gegen Syrien gehen wird. Das heißt, die Russen werden sich aus dem Nahen Osten verabschieden und die Amerikaner gehen von der russischen Grenze weg.

 

Das ist absolut möglich, da es nach dem Besuch des Vizepräsidenten Joseph Biden in Kiew offenbar wurde, dass das schelmische Regime Petro Poroschenkos sich nicht in der Verfassung befindet, die gestellten Aufgaben zu erfüllen. Umsonst arbeitet die ukrainische Elite auch nicht und das Geld für ihren Erhalt wird zu viel. Außerdem ging mit dem Übergang der Krim an Russland der tatsächliche geopolitische Wert der Ukraine verloren.

 

Gleichzeitig hat die Anwesenheit Russlands in Syrien die gute Laune der Amerikaner erheblich gedämpft. Denn jetzt müssen sie sich vereinbaren und dabei Zugeständnisse machen. Und diese Zugeständnisses sind absolut ernster Natur: die Ressourcen des Nahen Ostens kontrollieren soll gefälligst nur Washington, andere Mächte sind dort überflüssig.

 

Es ist dabei ganz offensichtlich, dass in beiden Regionen die Russen mehr Trümpfe haben als die Amerikaner. In der Ukraine können sie ganz ruhig abwarten bis sich das Regime von selbst aufgelöst hat und sollte es wider Erwarten anders kommen, könnten sie sich immer noch ohne Gesichtsverlust zurückziehen. In Syrien haben sie durch den Militäreinsatz ihre Anwesenheit so zementiert, dass es unmöglich ist, sie von da zu verdrängen.

 

Das bedeutet, damit Wladimir Putin sich überhaupt für die Vorschläge Barack Obama interessiert, sollte der Staatssekretär ihm noch etwas völlig unerwartetes anbieten.

 

Ich denke, es sollte dann in die Richtung gehen:

 

1. Die Sanktionen abzuschaffen.

2. Auf die OPEC einwirken, damit der Preis für das Erdöl wieder zu steigen beginnt.

3. Den Druck vor den internationalen Gerichten zu mildern, zu dessem Zweck die Klagen gegen die Russische Föderation eingebracht wurden.

4. Die Forderungen Chodorkowskis über die Auszahlung der Strafen und der Kompensationen wegzunehmen.

5. Den Druck durch die sportlichen Organisationen ähnlich der FIFA und die Internationale Leichtathletikassoziation zu verringern.

 

 

Mit anderen Worten, sie könnten die Beziehungen wieder auf das «Vorkrim-Niveau» heben.

Ehrlich gesagt erzeugen derartige Vorschläge noch nicht genügend Eindruck. Aber leider gibt es im Arsenal der USA gerade nicht mehr.

 

Ohne Sanktionen und den totalen Druck an allen Fronten könnten die Russen natürlich leichter leben. Aber an die Sanktionen beginnen sie schon sich zu gewöhnen und ohne falsche Erwartungen zu wecken, sieht so die Opposition mit dem globalen Gegner auch ehrlicher und natürlicher aus.

 

Im Kreml versteht man sehr gut, dass dabei kein Abkommen unterschrieben werden wird, weil der folgende Präsident der USA alles ganz leicht, mit einem Federstrich sozusagen, entwerten könnte, worüber sich Barack Obama und Wladimir Putin vereinbaren könnten. Aber neugierig bin ich doch, welche Garantien Washington bereit ist, Moskau zu gewähren.

 

Und es ist schade, dass wir darüber kaum etwas erfahren werden, stimmt`s?

 

 

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