WikiLeaks: Migrationspolitik aus Sicht der US-Diplomaten

Die Flüchtlingskrise in Europa gilt als Belastungsprobe für die EU. Die Politik ist gespalten und das Misstrauen der Bürger in die Berliner Politik wächst. Das geflügelte Wort der „Flüchtlingswaffe“ diskreditiert in diesem Zusammenhang schnell als „rechte Verschwörungstheorie“. Doch US-Depeschen belegen das Gegenteil.

 

Quelle: Contra Magazin

Doch ist dies wirklich eine Verschwörungstheorie? So sprach Julian Assange, der Gründer von WikiLeaks, genau dieses Thema an, als er sein Buch vorstellte. Dieses Buch behandelt auch die entsprechenden US-Depeschen, die auf den Servern der Whistleblowerplattform einsehbar sind. Wie wir sehen, handelt es sich hierbei vielmehr um eine sogenannte Verschwörungspraxis.

 

Das aktuelle Buch von Julian Assange „The WikiLeaks Files“ befasst sich mit den Depeschen der US-Diplomatie, welche sich seit 2010 auf seiner Plattform befinden. Die Sammlung begann mit satten 2.325.961 Depeschen, die inzwischen unter verschiedenen Rubriken fallen: The Kissinger Cables, Cablegate und die Carter-Cables. Das Buch, an dem verschiedene Autoren mitgewirkt haben, kann man hier bestellen. Detailliert mit der Thematik befasste sich die jüngst mit dem Willy-Brandt-Preis ausgezeichnete Journalistin Sarah Harrison.

 

 

Die in Deutschland lebende Britin beschreibt in einem Kapitel wie diese Depeschen zu lesen sind. Harrison, welche die Afghanistan-Kriegstage geschrieben hat, weist darauf hin, dass man beim Lesen dieser Depeschen im Hinterkopf behalten soll, dass es sich um Dokumente handelt, welche von US-Diplomaten geschrieben wurde. Zudem werden von Harrison noch Hinweise zur Suche auf WikiLeaks gegeben. Diese hat sich bis heute kontinuierlich verbessert.

 

 

Es wird also die Sicht der Welt aus den Augen der US-Diplomaten beschrieben. Erfahrungsgemäß findet man bei der Suche eines Themas immer sehr viele Dokumente, die man gar nicht in ein paar Seiten zusammenfassen kann. Nichtsdestotrotz können einige US-Depeschen sehr wohl die Absichten der USA beschreiben und erläutern einem Dritten manchmal auch die bilateralen Probleme seines Staates mit einem anderen Staat. In diesem Falle unter anderem auch Deutschland, wie wir im weiteren Verlauf noch lesen werden.

 

 

Der Nahe Osten, die EU und Deutschland im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik wurde in US-Kreisen schon vor Jahren thematisiert. In einem Interview mit der Sendung RT Going Underground sprach Assange das an, was hiesige Leitmedien nicht so gerne ansprechen: Flüchtlinge als „Destabilisierungsfaktor“ – aber nicht unbedingt im eigenen Land, sondern im gegnerischen Land. Der Gegner lautete bereits im Jahre 2006 Bashar Al-Assad und Syrien. Als Beispiel soll diese Depesche aus der US-Botschaft in Tel Aviv stehen. Hieraus geht hervor, dass sich das amerikanisch-syrische Verhältnis aufgrund der Person Bashar Al-Assad verschlechtert hat.

 

 

Hier kann man das angesprochene Interview von Assange abrufen.Welche Rolle Flüchtlinge im Destabilisierungsplan spielen: Flüchtlinge, besonders die Fachkräfte, fehlen einem Staat, wenn sie flüchten beziehungsweise auswandern. Im eigenen Land nehmen diese nicht selten eine wichtige Rolle im alltäglichen Leben ein. Fehlen diese Menschen dann in einer großen Masse, so kann ein staatliches System kollabieren.

 

 

Diese Flüchtlinge können aber gleichzeitig auch das Land destabilisieren, wenn sie dort nicht integriert werden können. Dies sorgt einerseits in der heimischen Bevölkerung für politische Spaltung und frustrierte Flüchtlinge, die dann Opfer in diesem politischen Diskurs sind. Flüchtlinge als Migrationswaffe einerseits und Emigrationswaffe andererseits.

 

 

Ein vergleichbares Problem tauchte in der Bundesrepublik Deutschland am Anfang der 1990er Jahre auf. Das gerade wiedervereinigte Deutschland nahm Flüchtlinge aus dem Nahen Osten auf und diese Flüchtlingsdebatte polarisierte die Bevölkerung. Bilder von brennenden Asylantenheimen und gewaltbereiten Skinheads prägten die Jahre nach der Wiedervereinigung. Aktuell beschwert sich zumindest keiner mehr über die Irak-Flüchtlinge aus den 1990er Jahren. Die Gewalt in Rostock greift ein nichtklassifiziertes Dokument aus dem Jahre 2008 auf: „Rostock – Ground Zero for Xenophobia“ heißt es.

 

 

Die Politik rätselte nach den Ursachen der rechten Gewalt. Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl suchte die Schuld bei der Stasi. Über die Ursachen der Flucht wurde bis vor kurzem eher am Rande gesprochen. Bis heute. Bis heute hat sich auch das linke Lager in zwei große Teile gespalten: In einen antifaschistischen Teil und in einen antiimperialistischen Teil. Die Antifaschistischen nehmen dabei einen pro-amerikanischen Standpunkt ein und weisen jede Kritik an „Refugees Welcome“ als faschistisch oder rassistisch ab.

 

 

Das Thema „Migrationswaffe“ wird gerne in das rechte Eck katapultiert oder als krude Verschwörungstheorie diskreditiert. Entweder aus Unwissenheit, Denkfaulheit oder aus purer Absicht. Die US-Beraterkreise sprechen allerdings nicht nur heimlich über das Thema, sondern thematisieren das auch in ihren Büchern und Schriften. Die renommierte US-Universität Havard sprach das Thema sogar in einem wissenschaftlichen Aufsatz an. Der Titel „Strategic Engineered Migration as a Weapon of War“ ist online zugänglich.

 

 

Einen Flüchtlingsstrom aus dem Irak erlebte Deutschland und die EU bereits im Jahre 2008, wenngleich auch  damals keine öffentliche Debatte wie im aktuellen Ausmaße stattfand. Die WikiLeaks-Suche ergab bei den Thema über 1.000 Ergebnisse. Hierbei handelt es sich aber nicht nur um Depeschen, sondern um Beratungsmaterial der US-Denkfabrik Stratfor.

 

 

Auf der Twitter-Meldung vom offiziellen WikiLeaks-Account wird auf eine besondere Depesche hingewiesen: Aus dem unklassifizierten Schreiben der US-Vertretung in Brüssel geht hervor, dass irakische Vertreter Deutschland darum baten, keine Bürger mehr zur Migration zu ermutigen. Im Hinblick auf Schweden deutete Assange unter anderem auch an, dass diese sich bereit erklärten sich am Irak-Einsatz durch die Bereitschaft der Flüchtlingsaufnahme mitzubeteiligen.

 

 

Über 1.000 Dokumente bietet WikiLeaks wiederum an, wenn man über die Rolle Schwedens im Irak-Krieg recherchieren möchte. „Teile und Herrsche“ lautet die Überschrift im zweiten Kapitel der WikiLeaks-Files, worin sich Journalist Dahr Jamail mit dem Thema Irak befasst. Hierbei werden neben den Depeschen die „Kriegstagebücher des Iraks“ herangezogen, wo es auch um Folter und US-Geheimgefängnisse geht.

 

 

Die Hauptursache für diesen Flüchtlingsstrom war bekanntlich der von der US-Koalition geführte Krieg im Irak. Die Anzahl der Dokumente über das Thema Flüchtlinge ist erdrückend und macht immer wieder deutlich, dass viele Probleme im Hinblick auf Flüchtlinge im letzten Jahrzehnt unter den Tisch gekehrt wurden. Dabei ist wieder zu beachten: Hier werden diplomatische Dokumente herangezogen, die normalerweise der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden.

 

 

Selbstverständlich liefern die Dokumente nun nicht die ganze Wahrheit über die Migrationsproblematik. Auch ist es für offizielle Quellen problematisch diese Quellen als Beweis heranzuziehen, da diese Dokumente von den Vereinigten Staaten nicht freigegeben wurden. Aber im Abgleich mit sonstigen Schriften und Dokumentationen spiegelt sich so einiges wider, was sich in Sachen Flüchtlinge nach dem Ost-West-Konflikt geändert hat. Die Militärinterventionen im Rahmen des „arabischen Frühlings“ haben die bis dahin schon problematische Flüchtlingssituation noch mal verschlimmert. Das Buch von Julian Assange behandelt bei weitem nicht nur die Problematik im Nahen und Mittleren Osten, sondern geht weltweit noch auf andere Themen ein.