Irren ist menschlich: Präsident Putin gesteht gegenüber der Süddeutschen Zeitung Fehler ein

 

Nachdem der Russische Präsident Wladimir Putin sich über die Panama-Papers persönlich geäußert hat, korrigiert er seine Aussage. Zunächst bewerte Putin die Veröffentlichung der Panama-Papers als eine Kampagne von Goldman-Sachs, was ein wenig unpräzise war. Obwohl der Vorwurf möglicherweise nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist, bewies er Größe und Anstand, indem er sich bei der „Süddeutschen Zeitung“ für seine Worte entschuldigte. Im weiteren wird die Frage diskutiert, was es eigentlich mit dem modernen Datenjournalismus auf sich hat.

 

Die Panama-Papers sind immer noch in aller Munde. Allerdings kamen sie auch nicht ganz überraschend, wenn man die Aussagen von Putins Pressesprecher Dmtri Peskow in den Wochen zuvor verfolgte. Contra Magazin griff eine Woche zuvor bereits das Internationale Konsortium für investigativen Journalismus auf und zeigte unter Berufung öffentlicher Quellen auf, wer hinter der Nichtregierungsorganisation steckt. Dort fiel jedenfalls auch nicht das Wort des US-Finanzunternehmens Goldman-Sachs, jedoch wurden Personen genannt, die sich der Leaks-Plattform in finanzieller Hinsicht großzügig gezeigt haben.

 

Dies waren unter anderem der US-Investor George Soros, der nicht unbedingt ein Freund und Befürworter Putins ist sowie zahlreiche Vereine, hinter denen sogenannte Stake-Holder (Interessenvertreter) stecken, die eher davon profitieren als einen Schaden davon tragen würden, wenn Russland und Präsident Putin einen Schaden von der Geschichte tragen würden. Ebenso sind diese Stake-Holder an einer weiteren Schwächung der russischen Wirtschaft interessiert.

 

Über die Panama-Papers und das ICIJ wurde in verschiedenen Internet-Portalen ebenfalls kritisch geschrieben, so dass hierüber auch ein breites Angebot an kritischen Hintergrund-Artikeln inzwischen existiert. Fest steht hierbei jedenfalls, dass der russische Präsident im Gegensatz zu seinen westlichen Kollegen wie Pedro Poroschenko oder David Cameron nicht im Ansatz so dicht in Verbindung mit Schwarzgeldkonten gebracht wurde, wie es mittels Infografiken, medial geführten Debatten sowie in einem veröffentlichten Buch suggeriert werden soll.

 

Aber dies alles hinderte die westlichen Leitmedien nicht daran, wenn auch mit klugen rhetorischen Formen, den russischen Präsidenten in den Mittelpunkt dieser Papiere zu stellen, die über Firmen und Schwarzgeldkonten aus Panama ausführlich berichten. Vor allem ist hier zu beachten, dass nur einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Journalisten, also wenn man so möchte einer Elite, die Papiere im vollem Umfang zugänglich sind.

 

Jedenfalls wäre es allerdings auch unrealistisch zu glauben, dass im Falle der umfassenden Veröffentlichung jeder Journalist jenseits des Mainstreams in der Lage gewesen wäre, diese Papiere im vollem Umfang zu lesen und sie auch rechtlich korrekt zu bewerten. Hier sind viele Bereiche tangiert: Vom Persönlichkeitsschutz angefangen bis hin zum Steuerrecht. Dabei ist die journalistische und politische Dimension dieser Papiere noch außen vor gelassen.

 

Aber dennoch scheinen die vielen Journalisten, wo es sicher auch welche gibt, die ein aufrichtiges Interesse an der Wahrheit und der Aufklärung der Bürger haben, so umfassend gearbeitet zu haben, dass man den russischen Präsidenten als einen Hauptakteur in dieser internationalen Schwarzgeld-Affaire erblicken kann. Das diesem nicht so sein kann, scheint schon deswegen auf der Hand zu liegen, dass nicht der Präsident, sondern lediglich sein engster Freundeskreis mit diesen Papieren namentlich in Verbindung gebracht werden können.

 

Es wurde weiter auch der Eindruck erweckt, dass es fast nur auf Panama möglich ist , sein Geld zu verschleiern. Steuerrechtliche Oasen in den USA und anderswo sind dabei ausgeklammert. Ausgeklammert ist möglicherweise auch so manche weitere Versrickung von westlichen Politikern oder Wirtschaftsgrößen, die ihr Vermögen mittels Scheinfirmen in Panama verschleiert haben. Das alles sind Fakten, sie summarisch auf der Hand liegen. Betrachtet man das ICIJ aus der Brille eines Beobachters, der auf die Methoden und Mittel im internationalen Wirtschafts und Finanzkrieg fokussiert hat, dem fällt auf, dass das ICIJ nicht das erste mal über Offshore-Leaks im Stile des modernen und investigativen Journalismus informierte.

 

Vor gut einem Jahr machte das ICIJ von sich Reden, nachdem man über das Steuerparadies Luxemburg berichtete. Die Rede ist von LuxLeaks. Contra Magazin berichtete ebenfalls auf die Enthüllungen, wobei die Tatsache übersehen wurde, dass amerikanische Großinvestoren wie Blackrock, wenn auch im Hintergrund, in Luxemburg ihr Glück gesucht haben.

 

Kurzum: Damals sah man das ICIJ noch als eine Quelle des investigativen Journalismus und hinterfragte diese erstmal nicht. Nun konnte man mühelos bei genauerer Betrachtung erkennen, auch dank der Transparenz-Gesetze in den USA, dass dort vor allem wirtschaftliche Interessen gelegen haben und weniger ein Aufkärungsinteresse von Bürgern, die als Einzelne erstmal wenig am Weltgeschehen ändern können. Für diese Ungenauigkeit wird sich an dieser Stelle vom damaligen Autor des Textes entschuldigt.

 

Präsident Putin hat sich nun ebenfalls, was für einen russischen Präsidenten beispielhaft ist, ebenfalls für seine Worte entschuldigt und gestand somit vor der Süddeutschen Zeitung einen Fehler ein. Der Fehler lag darin, dass das weltweit – auch aggressiv agierende – Finanzunternehmen Goldman-Sachs nicht ganz alleine hinter den Panama-Papers stehen, dessen Umgang aber dennoch sehr wohl die Attribute einer pro-westlichen und – um es wieder zurückhaltend auszudrücken – eher gegen den Kreml ausgerichteten Medienkampagne aufzeigt.

 

Größe zeigte der russischen Präsident gegenüber der federführenden Süddeutschen Zeitung dadurch, dass er bereits ist seine eher ungenaue Aussage zu korrigieren, obwohl es kein Geheimnis mehr ist, dass die Süddeutsche Zeitung dem Kreml traditionell eher kritisch gegenübersteht, was aber im Rahmen der Meinungsfreiheit in Deutschland auch erlaubt ist und möglicherweise auch dazugehört. Aber inwieweit war die Süddeutsche Zeitung in der Vergangenheit bereit gewesen, Fehler in der Berichterstattung über Russland oder der Ukraine einzugestehen?

 

War man dazu überhaupt bereit gewesen über eigene Fehler zu informieren? Oder setze man nach einer Fehlberichterstattung über Russland, die traditionell in einem gegenüber Russland negativen Unterton geführt wurde, immer wieder einen drauf? Fehler werden immer gemacht. Kein Politiker ist in seinem Handeln oder in seinen Aussagen frei von Fehlern. Im Journalismus werden auch Fehler gemacht, weil Fehler menschlich sind und man trotz des modern gewordenen Datenjournalismus in dieser Sparte (noch) nicht ohne Menschen auskommt.

 

Im Übrigen ist der in Mode gekommene Datenjournalismus, der sich mit vielen Daten befasst. Aber nicht nicht im Genre Journalismus macht Big Data die Runde. Sämtliche Unternehmensberatungen und auch staatliche Einrichtungen haben Daten in großer Stückzahl für sich entdeckt. Im Übrigens sind Daten auch nur ein anderesWort für Informationen oder Sachverhalte, die man auf verschiedene Weise gewinnen kann.

 

Vor den Panama-Papers und dem immer mehr von sich Reden machende ICIJ veröffentlichte die Transparenz-Plattform WikiLeaks eine große und unüberschaubare Anzahl von Daten, die als Cablegate in den Medien bekannt wurden. Es wurden Millionen von Botschafter-Depeschen aus sämtlichen US-Botschaften der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Über diese riesige Datenmenge verfasste Julian Assange vor einem halben Jahr ein Buch, wo auch viele andere Journalisten mitwirken.

 

So auch die britische Journalistin Sarah Harrison, die durch die Unterstütung von Edward Snowden der breiten Masse bekannt wurde. Sie schrieb über den Umgang mit dem riesigen Konglomerat an Daten und warnte davor, dass man diese nicht missbrauchen soll. Vor allem sollte man sich nicht dann investigativ damit befassen, wenn man beabsichtigt sich gegen ein Land oder einen Politker in einem Land einzuschießen. Ein sehr guter Rat, der auch im Hinblick der noch größeren Panama-Papers, auch zu beherzigen wäre.

 

Das macht bei Daten vor allem dann Sinn, wenn sie der breiten Masse oder überhaupt nur virtuell zugänglich sind. Es ist niemals ausgeschlossen, dass bei solchen Datensätzen auch fehlerhaftes, gefälschtes oder manipuliertes Material befindet, so dass es auch immer sinnvoll ist, auf die entsprechende Quelle zu verlinken, auf die man sich beruft.

 

Über Nachrichten und ihren Wert äußerte bereits der preußische Generlmajor Carl von Clausewitz in seinem unvollendeten Hauptwerk „Vom Kriege“, welches er im Jahre 1832 verfasste. Wie man auf dem Portal Clausewitz.com nachlesen kann, widmete sich der aus Breslau stammende Offizier und Militärwissenschaftler nicht nur den Begriffen Angriff, Verteidigung und Verzögerung, welche bis heute als Hauptformen des militärischen Verhaltens gelten, sondern er widmete sich auch im sechsten Kapitel dem Themenkomplex beziehungsweise dem Begriff der Nachrichten.

 

So heißt am Anfang des sechsten Kapitels: „Mit dem Worte Nachrichten bezeichnen wir die ganze Kenntnis, welche man von dem Feinde und seinem Lande hat, also die Grundlage aller eigenen Ideen und Handlungen. Man betrachte einmal die Natur dieser Grundlage, ihre Unzuverlässigkeit und Wandelbarkeit, und man wird bald das Gefühl haben, wie gefährlich das Gebäude des Krieges ist, wie leicht es zusammenstürzen und uns unter seinen Trümmern begraben kann.“ Im weiteren sagt er auch sinngemäß, dass man nicht jede einzelne Nachricht als Nachrichtenoffizier überprüfen kann. Ein Journalist, wie auch ein korrekt arbeitender Nachrichtenoffizier, muss sich demnach auch von den Gesetzen der Logik und der Wahrscheinlich leiten lassen, wenn er mit Nachrichten oder auch heute mit einer großen Anzahl von Daten zu tun hat. Eine zusammenfassende Beschreibung ist hier abrufbar und eine andere Version kann man auf diesem französischen Portal  nachlesen.

 

Es empfielt sich an dieser Stelle sich die Passagen selbst durchzulesen, da seine Theorie auch auf den heutigen Informationskrieg anwendbar ist und man hier beispielhaft zeigen zeigen kann, dass es keine große journalistische Kunst ist öffentlich-zugänliche Quellen in einem Online-Artikel problemlos darzustellen, so dass sich der Leser ein einges Urteil beziehungsweise seine eigenen Schlüsse ziehen kann und sich nicht alleine auf die Aussagen des Autors in einem Online-Artikel verlassen muss.

 

Der feine Unterschied zwischen dem heutigen WikiLeaks und dem ICIJ ist unter anderem auch die Tatsache, dass WikiLeaks stets bemüht ist allen Menschen, ungeachtet von ihrem Berufstand die Informationen anzubieten, die man ihnen zugespielt hat. Wobei man aber auch an dieser Stelle erwähnen muss, dass man vorab auch zunächst Portalen wie der Süddeutschen Zeitung sowie dem mit WDR und NDR geschlossenen Rechercheverbund bestimmte Enthüllungen vorab zugänglich machte, was insoweit auch Anlass ist WikiLeaks zu hinterfragen oder zu kritisieren oder einfach auch als Quelle kritisch zu hinterfragen.

 

Es ist weiter auch nicht ausgeschlossen, dass auch WikiLeaks nicht immer alle Daten herausgibt beziehungsweise bei brisanten Enthüllungen mit westlichen Medienportalen zusammenarbeitet. Das war bei Collateral Murder ebenso der Fall, wie im Dezember 2014 als man das „Killerhandbuch der CIA“ enthüllte, über welches die Süddeutsche Zeitung bereits ausführlich schrieb, nachdem WikiLeaks dieses über 30seitige Dossier mal gerade fünf Minuten vorher auf ihrer Seite zugänglich machte. Der Grund kann möglicherweise darin liegen, dass für WikilLeaks mehr Kryptographie-Experten als Journalisten tätig sind, was auch wahrscheinlich der Grund ist, dass die Seite noch existiert und nicht mehr ständig aus dem Netz fliegt, wie es im Jahre 2011 öfters der Fall war.

 

Allerdings wurde auch schon über WikiLeaks geschrieben, dass es ein Projekt des Kreml sei, weil sich dort mehr Informationen befinden, die die Politik der Vereinigten Staaten kritisiert. Dabei soll die hinter der Idee von WikiLeaks – der Legende nach – eigentlich die Motivation stecken, über Missstände und Korruption in Russland aufzuklären, was aber mangels vorhandenen Leaks und Fakten (?!) eher ausgeblieben ist und sich bei Assange und anderen Hackern überwiegend dann doch Menschen gemeldet haben, die fundierte Informationen über Misstände in den USA verfügen, die sie der Öffentlichkeit nicht vorenthalten wollen.

 

Durch Wahrnehmung, Beobachtung, Messung und andere Weise kann man Daten gewinnen. Umgangsprachlich wird das Wort Daten auch für Gegebenheiten, Tatsachen oder Ereignisse verwendet. Und das noch kompliziertere Wort Metadaten sind eigentlich auch nur Daten, die andere Daten beschreien. Daten werden zwar in der heutigen Zeit mehr durch Maschinen ausgewertet und verarbeitet. Aber wie das menschliche Verhalten können Daten auch manipuliert oder auf unterschiedliche Art und Weise falsch ausgewertet werden. Aber wenn erst in der heutigen Zeit mit Daten Journalismus gemacht wird, dann fragt man sich, woraus die Journalisten in der Vergangenheit ihre Erkenntnisse gewonnen haben.

 

Das macht aber nicht der Computer, sondern immer noch der Mensch selbst, auch wenn er gerne mal den Fehler beim Computer oder Rechner sucht, der aus vemeintlich unerklärlichen Gründen wieder mal einen Fehler gemacht hat.

 

Was ist nun der Unterschied zwischen dem russischen Präsidenten, der einen Fehler eingesteht und den schlauen Journalisten, die sicherlich -aufgrund der großen Masse an Daten, die die Panama-Papers hergeben- nicht nachweisbar zweifelsfrei zu korrekten Ergebnissen und Wertungen kommen können. Der russische Präsident gibt einen Fehler zu und zeigt die Courage, sich für nicht sakrosankte Aussagen auch zu entschuldigen. Und zeigt sich somit in keinster Weise so vermessen, wie es die Süddeutsche Zeitung macht, die doch nicht gänzlich immer unfrei von Meinungsmache und Werbung war.

 

Im Übrigen: Ein ehemaliger Journalist und Whistleblower der Süddeutschen Zeitung deckte vor gut einem Jahr auf, dass man es bei der Süddeutschen Zeitung auch nicht immer sehr genau nahm, ob man in einem Artikel nun Werbung oder Journalismus betreibt. Der Journalist mit dem Namen Sebastian Heiser hat dies in seiner Zeit so vernommen. Wenige Tage später wurde dieser Journalist von seinem neuen Arbeitgeber angezeigt und gekündigt. Dieser Geschichte wirft bis heute kein gutes Bild auf den leitenden Journalismus in Deutschland, der nach dem Selbstverständnis sowohl von der taz als auch von der Süddeutschen Zeitung als wahrhaftige Aufklärungsarbeit verkauft wird.

 

Aber jede Zeitung und Internet-Portal, welches sich mit Journalismus befasst hat in eigener Sache ja auch das Recht, ihre Leser für sich zu gewinnen, indem man den wahrhaftigen Investigativjournalismus als tragende Säule verkauft. Ob man dem immer auch gerecht wird, ist fraglich. Jedenfalls ist auch nicht von der Hand zu weisen, dass es in beiden Portalen auch Reportagen gab, die man sehr wohl unter investigativen und wahrhaftigen Journalismus verkaufen kann.

 

Denn nur weil eine Zeitung oder ein Internet-Portal nicht fehlerfrei ist, so heißt das automatisch, dass dort nur Fehler und vorsätzliche Lügen am laufenden Band gemacht und verbreitet werden. Auch auf dem Contra-Magazin werden mal Fehler gemacht und man findet auch nicht in jedem Artikel zum konkreten Zeitpunkt die richtigen Worte. Oder man hat sich aus unterschiedlichen Gründen geirrt. Möglich ist auch, dass man Daten und Quellen nicht immer richtig hinterfragt hat oder sich Dinge im Nachhinein anders dargestellt haben. Alles ist möglich und errare humanum ist- irren ist menschlich.

 

 

Quelle: LennoxPress