Interventionskrieg: Die Bundeswehr übte das „ukrainische Szenario“. Von Marco Maier

 

Bei der jüngsten «Informationslehrübung» der Bundeswehr in der Lüneburger Heide wurde das «ukrainische Szenario» geübt: Der Kampf gegen Separatisten in einer Grenzregion eines befreundeten Staates.

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Vom 4. bis zum 14. Oktober fand die diesjährige «Informationslehrübung» (ILÜ 2016) der Bundeswehr statt, die eigens für die Ausbildung angehender Heeresoffiziere konzipiert wurde. Dabei nahmen mehr als 1.000 Soldaten, rund 100 Panzerfahrzeuge, Kampfhubschrauber, Spionagedrohnen und schwere Artillerie teil. Auch ein den deutschen Truppen unterstellter niederländischer Kampfverband nahm hierbei teil.

 

Ziel der diesjährigen Übung war quasi das «ukrainische Szenario», in dem man gegen «separatistische Kräfte» in einer Grenzregion vorging, die von einem «ausländischen Aggressor» unterstützt werden. Das Szenario sah vor, deutsche Kampfverbände als Teil der Schnellen Eingreiftruppe der NATO in das fiktive Land «Obsidia» zu verlegen, das sich im Konflikt mit seinen Nachbarn «Satawan» und «Wislanien» befindet. Sowohl «Satawan» wie auch das als «sozialistische(r) Staat» bezeichnete «Wislanien» unterstützen dem militärischen Drehbuch zufolge «separatistische Kräfte» im Osten «Obsidias», was bereits zu «Abspaltungsversuchen der Ost-Präfekturen» geführt hat.

Hierbei wurde in Sachen der von der Führung der Bundeswehr vorgegebenen «Lageentwicklung» eine militärische Eskalation einstudiert: «Trotz der NRF-Kräfte und der sich im Aufmarsch befindlichen … Kräfte der Vereinten Nationen kam es zu weiteren ethnischen Unruhen in den Ost-Präfekturen und im grenznahen Raum zu Satawan sowie zu Großmanövern der satawanischen Streitkräfte.» Demnach überschritten die Truppen «Satawans» die Grenze zu «Obsidia» und mussten von deutschen Kampfverbänden in einem «hochintensive(n) Gefecht unterschiedlicher Truppengattungen» zurückgeworfen werden: «Im Westen halten Minensperren den Feind auf. Er wird kurzerhand mit Artilleriefeuer zerschlagen. Eine Rotte einschwebender Tiger eröffnet im Anschluss das Feuer auf die Spitzen feindlicher Kräfte.»

Anstatt sich auf einen Verteidigungskrieg einzustellen, sah das militärische Drehbuch vor, mit «gewaltiger Feuerkraft und Geschwindigkeit» gegenzupressen und dabei in einen Häuserkampf zu geraten. «Jäger und Panzergrenadiere schlagen sich zu Fuß bis nach Heidedorf durch und kämpfen Haus für Haus frei.»Unterstützt wurden die deutschen Verbände bei ihrer Attacke von der 43. Niederländischen Mechanisierten Brigade, die wie die 11. Luftbewegliche Brigade der niederländischen Armee unter dem Kommando der Bundeswehr steht. «Im scharfen Schuss» hätten sich die «niederländischen Kameraden» einmal mehr als «zuverlässige und kampfstarke Partner» bewährt, ließen die deutschen Streitkräfte nach Abschluss des Manövers verlauten.

Wenn man bedenkt, dass solche Szenarien nicht umsonst groß durchgeführt werden, darf man davon ausgehen, dass man unter Umständen seitens der NATO, der die Bundeswehr ja (im Gegensatz zu den Armeen anderer NATO-Länder) völlig unterstellt ist, an einer militärischen Unterstützung der ukrainischen Führung in Kiew denkt. So nach dem Motto: Wenn die ukrainische Armee samt den Freiwilligenbataillonen und der Nationalgarde nicht in der Lage ist, die Rebellen im Donbass zu besiegen, dann müssen eben die Deutschen wieder mal ran und gegen den Russen kämpfen. Immerhin hat das ja im Zweiten Weltkrieg schon einmal funktioniert, so dass sowohl die Deutschen als auch die Russen (abgesehen von den Polen) als Nationen prozentual die größten Verluste an Menschen und Material verzeichneten und die Eliten der Vereinigten Staaten und Großbritanniens zumindest teilweise einen großen Erfolg verzeichnen konnten.

 

Von Marco Maier, Contra Magazin