Russland-Sanktionen: Welchen Wink Clinton von Europa bekommt

 

Die EU deutet zwar an, dass sie die Konfrontation mit Russland stoppen möchte, ist aber kaum fähig, diese Entscheidung ohne Rücksicht auf die USA zu treffen. Zu diesem Schluss gelangt der italienische Journalist und Politiker Giulietto Chiesa.

 

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In einem Gastbeitrag für die russische Tageszeitung „Iswestija“ schreibt Chiesa im Hinblick auf den jüngsten EU-Gipfel: „Ziemlich überraschend hat der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi die Einführung zusätzlicher antirussischer Sanktionen wegen Syrien als sinnlos bezeichnet. Damit schlug Renzi zwei Fliegen mit einer Klappe: Bei der Erörterung der internationalen Agenda gab er faktisch den Ton an, während die ‚EU-Schwergewichte‘ Frankreich und Deutschland ihm diese Möglichkeit gewährten.“

Es sehe danach aus, dass in Paris und Berlin der Wunsch zunehme, ein neues europäisches Macht-Dreieck zu bilden, wobei Großbritannien durch Italien abgelöst werden könne, kommentiert Chiesa.

 

„Es entsteht der Eindruck, dass Europa mit den Versuchen beginnt, den US-Einfluss einzuschränken und eine Außenpolitik zu betreiben, die seinen eigenen Interessen mehr entspräche. Ob das gelingt, ist eine große Frage. Südeuropäische Länder, die diesem Streben zustimmen, sind keine Entscheidungsträger. Die baltischen Republiken und Polen wehren sich unterdessen aktiv gegen einen solchen Wandel“, so der Kommentar.

 

Vorerst deute die EU höchstens nur an, dass die Nahost- und Russland-Politik der USA europäischen Staats- und Regierungschefs nicht recht sei: „Im Moment muss Europa eine große und schwere Krise bekämpfen. Europäische Politiker sind sich darüber völlig im Klaren, dass sie in dieser Situation mit keiner US-Hilfe rechnen können. Manche Kräfte in Europa beginnen sogar zu begreifen, dass man in Washington nichts dagegen hätte, neue Schwierigkeiten insbesondere für Deutschland und Frankreich zu schaffen. Sie sehen allmählich ein, dass die strategischen Interessen der EU nicht mit denen der USA zusammenfallen.“

 

Weder Frankreich noch Deutschland hätten allerdings vor, ihre Beziehungen mit den USA zu gefährden. Während sich Renzi gegen neue Russland-Sanktionen ausgesprochen habe, hätten Hollande und Merkel geschwiegen, um Ärger mit den USA zu vermeiden, so Chiesa weiter.

 

„Folglich ist man in der EU grundsätzlich nicht bereit, sich einem möglichen US-Druck entgegenzusetzen. Deshalb beschränken sich europäische Politiker vorerst sozusagen auf eine leichte Andeutung, auf eine ‚kleine‘ Bitte. Sie sagen quasi: ‚Lasst uns die Konfrontation mit Russland stoppen!‘ Obwohl die Initiative von Europa ausgeht, hängt ihr Schicksal völlig davon ab, wie man in Washington reagieren wird. Im Alleingang kann die EU in diesem Bereich keine Entscheidung treffen“, heißt es im Kommentar.

 

Chiesa prognostiziert: „Derzeit kann man mit Sicherheit behaupten, dass es zu keinem grundlegenden Wandel in der EU-Strategie kommen wird. Die gewagte Äußerung des italienischen Premiers ist nichts mehr als eine Andeutung, um Frau Clinton zu verstehen zu geben: Falls sie die Präsidentschaftswahl gewinnt und den Druck auf Russland erhöhen will, wird sich Europa dagegen wehren. Dieser Widerstand ist allerdings nur zu einem gewissen Grad möglich. In der EU ist man jetzt nicht bereit, eine neue Seite in den Beziehungen des Westens mit Russland aufzuschlagen.“

 

Quelle: Sputniknews