Westlichen Experten zufolge wird es keine zusätzlichen Sanktionen gegen Russland geben, solange die Position der neuen US-Administration nicht klar ist. Dies schreibt die Zeitung „Iswestija“ am Freitag.
Laut US-Außenminister John Kerry sind sich die USA und die EU in der Sanktionspolitik gegenüber Russland einig. Jetzt wird aktiv die Verhängung des so genannten „syrischen Blocks“ der Sanktionen besprochen. Laut den westlichen Experten, die am Forum des internationalen Diskussionsklubs Valdai teilnahmen, wird sich Europa bis zur Wahl des neuen US-Präsidenten mit den Einschränkungen nicht beeilen.
Vor kurzem wurde in der EU bereits von einer möglichen baldigen Milderung der antirussischen Sanktionen gesprochen. Die Parlamente mehrerer europäischer Länder verabschiedeten Resolutionen, in denen sie ihren Regierungen empfahlen, diese Frage zu erörtern. Allerdings wurde die versöhnliche Stimmung von einer neuen Welle der Entfremdung abgelöst – dieses Mal wegen Syrien. Jetzt stellt sich die Frage, wann die Sanktionen verhängt werden können.
Wie der ehemalige deutsche Botschafter in Russland, Hans-Friedrich von Ploetz, sagte, will man mit den Sanktionen das Signal senden, dass man einen sehr gefährlichen Weg gewählt habe. Sanktionen erreichten natürlich nicht immer ihr Ziel. Doch es gebe das Beispiel Iran, als im Laufe eines langen und schwierigen Prozesses die internationale Gemeinschaft dank gemeinsamen Anstrengungen der USA, Russlands und der EU eine Schlussvereinbarung erreichte. Deswegen sei diese Frage beim letzten EU-Gipfel besprochen worden. Doch wichtig sei, dass kein Beschluss über neue Sanktionen getroffen wurde.
Laut James Sherr vom Thinktank Chatham House ist die Entwicklung des „Sanktionskrieges“ jetzt schwer zu prognostizieren, weil sich die Situation sehr schnell ändert. „Frankreichs Präsident Francois Hollande sprach vor einem Monat von der Aufhebung der Sanktionen, jetzt spricht er von ihrer Verschärfung. Persönlich denke ich, dass die Sanktionen nicht erweitert werden, doch in der aktuellen Situation bedeutet dies, dass sie bislang sicher auch nicht aufgehoben werden“, so Sherr.
Laut dem Professor der University of Kent, Richard Sakwa, ist derzeit keine positive Dynamik in den Beziehungen zwischen dem Westen und Russland zu erkennen. Europa warte auf die Ergebnisse der US-Wahlen. „Jetzt warten alle darauf, dass in den USA die Wahlen stattfinden, ein neuer Präsident kommt und eine neue Administration gebildet wird. Erst dann sind Schritte möglich. Es ist möglich, dass die EU wegen Syrien neue, sogar sektorale Sanktionen gegen Russland verhängt“, sagte Sakwa.
Dem US-Politologen Daniel Drezner von der Tufts University zufolge sind Sanktionen wegen Syrien möglich, allerdings wollen die USA wohl nicht das einzige Land sein, das diese Sanktionen verhängt. Wenn Restriktionen eingeführt werden, dann zusammen mit Europa. Allerdings habe Italien vor kurzem den Vorschlag über mögliche neue Sanktionen blockiert, weshalb das bislang nur als mögliche Variante betrachtet werden könne, so der Experte.
Darüber hinaus meint der Politologe, dass derzeit kaum von der Aufhebung der Sanktionen wegen der Ukraine gesprochen werden kann. „Die einzige Entwicklung, bei der man auf die Sanktionspolitik verzichten kann, ist, wenn die USA und die EU daran glauben, dass die Minsker Abkommen umgesetzt werden und ihre endgültige Erfüllung greifbar nahe sind. Falls politische Vereinbarungen ins Leben gerufen werden, werden die Sanktionen sofort aufgehoben. Doch wichtig ist zu verstehen, dass es sich um Sanktionen wegen des Donezbeckens handelt. Die Sanktionen wegen der Krim werden nicht aufgehoben, diese Frage gilt für viele Jahrzehnte“, sagte Drezner.
Übersetzung: Sputniknews