Dank der SPD: Merkel bleibt Kanzlerin. Von Marcel Joppa

 

Irgendwo gönnt sich Angela Merkel ein kleines Glas Sekt. In den Medien ist von ihrer Niederlage bei der Wahl des Bundespräsidenten die Rede, doch sie weiß es besser: Ein kluger Schachzug hat ihr mit wenig Mühe eine weitere Amtszeit als Kanzlerin verschafft — und Deutschland damit weitere vier Jahre GroKo beschert. Und danach? Dann kommt die AfD…

 

Als es vor einigen Tagen hieß, die Union will bei der kommenden Wahl des Bundespräsidenten für den SPD-Kandidaten Steinmeier stimmen, war dies eine große Überraschung – zumindest auf den ersten Blick. Es heißt, die Kanzlerin habe sich von Sigmar Gabriel und Horst Seehofer dazu drängen lassen. Blicken wir allerdings etwas genauer hin, so ist das Ganze für Angela Merkel eine Win-Win-Situation mit Weitblick. Wohl gemerkt: nur für die Kanzlerin.

 

Die Union würde bei der Bundespräsidentenwahl einen eigenen Kandidaten aufstellen, beispielsweise Finanzminister Wolfgang Schäuble. Am 12. Februar stimmt dann die Bundesversammlung über alle Kandidaten ab. CDU und CSU haben jedoch keine Mehrheit und wären auf weitere Fürsprecher angewiesen. Selbst wenn die FDP für den Unions-Kandidaten stimmt, reicht es nicht.

 

Dann gäbe es zwei Möglichkeiten: Entweder SPD-Kandidat Steinmeier gewinnt im dritten Wahlgang knapp mit zusätzlichen Stimmen von Grünen und LINKE, oder Unions-Kandidat Schäuble entscheidet die Wahl mit Stimmen von FDP und  AfD für sich. Beides kein gutes Szenario für die Kanzlerin. Die erste Variante würde die Weichen für eine rot-rot-grüne Koalition nach der kommenden Bundestagswahl stellen. Die zweite Variante würde die Union an die AfD binden und den gewählten Bundespräsidenten nach rechts rücken.
 
Nun aber wird es ganz anders ausgehen. Mit den Stimmen von Union und SPD ist Frank-Walter Steinmeier die Mehrheit in der Bundesversammlung sicher. Außerdem haben bereits Grüne und FDP angemerkt, dass sie sich vorstellen können, einen Bundespräsidenten Steinmeier zu unterstützen. Die Wahl ist also bereits jetzt entschieden – ohne erkennbare Negativkonsequenzen für die Kanzlerin.

 

Auf der Liste der beliebtesten Politiker Deutschlands befindet sich Frank-Walter Steinmeier ganz oben, noch vor Angela Merkel und vor Wolfgang Schäuble. Auch rund 80 Prozent der Deutschen können sich einen Bundespräsidenten Steinmeier gut vorstellen. Für die Kanzlerin bedeutet dies aber vor allem: Ein beliebter Konkurrent wird in der Bundespolitik bald keine Rolle mehr spielen, erst recht nicht bei den Bundestagswahlen 2017.
 
Diese Taktik Merkels ist nicht neu, im Jahr 2010 verhalf sie dem damaligen Niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff zum Amt des Bundespräsidenten. Zuvor noch galt dieser als möglicher CDU-Kanzlerkandidat und Nachfolger Merkels. Frank-Walter Steinmeier wäre für die Kanzlerin also keine Gefahr mehr.

 

Innerhalb der Partei bleibt Merkel die unumstrittene Nummer eins, auch wenn der Rückhalt über die Jahre geschrumpft ist. Aber es fehlt allein schon an alternativen Gegenkandidaten der Union für den Sitz im Kanzleramt. Dafür hat Merkel seit Jahren gesorgt, Kritiker wanderten schnell aufs Abstellgleis. Denken wir nur an Friedrich Merz, Roland Koch oder eben Christian Wulff.
 
Und außerhalb der Partei? SPD-Chef Gabriel ist nach der Nominierung Steinmeiers gestärkt wie nie. Er hatte seinen Parteifreund für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen und wird in den Medien als großer Gewinner gefeiert. Das wiederum stärkt ihn selbst auch bei einer möglichen Kandidatur als Kanzler bei der Wahl im Herbst 2017.

 

Innerhalb der Partei bleibt Merkel die unumstrittene Nummer eins, auch wenn der Rückhalt über die Jahre geschrumpft ist. Aber es fehlt allein schon an alternativen Gegenkandidaten der Union für den Sitz im Kanzleramt. Dafür hat Merkel seit Jahren gesorgt, Kritiker wanderten schnell aufs Abstellgleis. Denken wir nur an Friedrich Merz, Roland Koch oder eben Christian Wulff.
 
Und außerhalb der Partei? SPD-Chef Gabriel ist nach der Nominierung Steinmeiers gestärkt wie nie. Er hatte seinen Parteifreund für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen und wird in den Medien als großer Gewinner gefeiert. Das wiederum stärkt ihn selbst auch bei einer möglichen Kandidatur als Kanzler bei der Wahl im Herbst 2017.

 

Ob in den USA, in Frankreich oder vielen Südeuropäischen Ländern — die Entwicklung ist klar: Immer mehr Wähler haben die Politik der etablierten Parteien satt. Sie wollen kein „Weiter so“ und immer die gleichen Gesichter an der Spitze des Landes. Deshalb unterlag Hillary Clinton einem Polit-Neuling Donald Trump im US-Präsidentschaftswahlkampf, obwohl dieser keinerlei Erfahrungen für das Amt mit sich bringt. Deshalb gewinnt eine Marine Le Pen in Frankreich immer weiter an Zuspruch, obwohl ihre politische Richtung für Europa wohl eher einen Rück- als einen Fortschritt bedeuten dürfte.

 
Und genau aus diesem Grund würden weitere vier Jahre GroKo in Deutschland zu einem weiteren Erstarken der AfD führen. Nicht, weil die AfD eine Politik anbietet, die sozial gerechter und zukunftsorientierter wäre – laut Parteiprogramm ist sie genau das Gegenteil – sondern weil sie den etablierten Parteien einen gehörigen Denkzettel verpassen würde.

 

Denn nicht jede Veränderung ist gut – zumindest dann nicht, wenn sie in eine falsche Richtung geht. Eine Alternative zur großen Koalition ist zwar definitiv wünschenswert, ein Rechtsruck im Land würde aber vor allem Abschottung ein Abschied vom Sozialstaat bedeuten. Ja, es ist Zeit für neue Gesichter an der Spitze dieses Landes und ja, auch die Mehrheiten im Bundestag sollten sich verschieben. Aber nein, danach sieht es für das Jahr 2017 erst einmal nicht aus.
 
Doch die Kanzlerin dürfte dies jetzt wenig stören, sie scheint ihr Amt für weitere vier Jahre gesichert zu haben. Nicht, weil ihre Politik alternativlos ist, sondern weil ihre möglichen Gegner Stück für Stück aus dem Rennen sind. Und irgendwo gönnt sich Angela Merkel ein kleines Glas Sekt… wer weiß, vielleicht stößt sie mit Sigmar Gabriel an.
 
Von Marcel Joppa, Sputnik