Darüber hinaus ist in dieser Zeit ein Konflikt entstanden zwischen der Europäischen Union, der Ukraine und Russland. Im Prinzip zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens zwischen der Ukraine und Russland 2012 sollte 2014 dann das Freihandelsabkommen zwischen der Ukraine und der EU in Kraft treten. Das hätte bedeutet, dass die ukrainischen Grenzen auf beiden Seiten offen gewesen wären für Waren, Dienstleistungen und Kapital. Das verlangte von uns, dass wir uns mit der Lösung dieses Konfliktes zwischen Russland, der Ukraine und
Diese Verhandlungen haben sich sehr, sehr schwierig gestaltet. Sie müssen sich das so vorstellen, dass wir die Fragen am Anfang jeweils bilateral besprochen haben. Das heißt, wir sind nach Brüssel gefahren, haben dort gesprochen. Danach sind wir nach Moskau gefahren, und haben dort gesprochen. Und nachdem diese Gespräche nichts gebracht haben, weil auf beiden Seiten keine Einigung erzielbar war, habe ich den Vorschlag gemacht: «Egal wo, aber lasst uns zu dritt zusammensitzen und das klären.»
«Die EU hat dreiseitige Gespräche komplett abgelehnt»
Und im September 2013 hat Russland solchen trilateralen Gesprächen überhaupt erst zugestimmt. Obwohl es schon nicht einfach war, Russland zu einem dreiseitigen Treffen zu bewegen, hat es die EU aber komplett abgelehnt, und gesagt: «Das ist kein Thema, was einem dreiseitigen Gespräch zusteht. Das ist eine Sache nur zwischen der Ukraine und Europa!»
In dieser Zeit hat sich ein Handelsbilanzdefizit von elf Milliarden im Handel zwischen der Ukraine und Europa ergeben. Das heißt die ukrainischen Importe waren um elf Milliarden höher als die Exporte nach Europa. Uns war klar, dass wir in dem Moment, wo wir die Grenzen für Waren und Dienstleistungen öffnen, wir sofort mit der hohen wirtschaftlichen Entwicklung der westlichen Unternehmen konkurrieren müssen.
Deswegen haben wir uns an die EU gewendet, und darum gebeten, Unterstützung für die Modernisierung unserer Wirtschaft zu bekommen. Damit wir auf mittlere Sicht zumindest konkurrenzfähig im Freihandel mit Europa werden können. Und wir hatten Hoffnung, dass diese Frage positiv beschieden wird. Aber an dieser Stelle gab es eben keine Einsicht und auch keine Unterstützung.
Ich würde gern noch zwei, drei Gedanken zum Inhalt dieses Assoziierungsabkommens anbringen.
Nikolai Asarow: Das, was wir in Wahrheit nach Europa exportieren können, sind zum großen Teil Agrarprodukte. Aber genau diese Produktkategorien waren sehr limitiert durch Einfuhrquoten. Ein Beispiel: Als wir die Gespräche mit Europa begonnen haben, war die Quote für die Einfuhr von Getreide in die EU 20.000 Tonnen. Im Verlauf der Gespräche habe ich es geschafft, dass wir die Quote zumindest auf 200.000 Tonnen erhöhen konnten. Aber die Ukraine produziert mehr als 60 Millionen Tonnen. Und das potenzielle Volumen, das die Ukraine exportieren könnte, sind 30 Millionen Tonnen. Die Frage, die sich für mich natürlich gestellt hat, ist: «Was ist das für ein Freihandelsabkommen, wenn gerade das, was wir exportieren können, sich nicht exportieren lässt, weil man es durch Quoten sehr stark begrenzt?»
Oder wir hätten mehr als eine Million Tonnen Fleisch in die EU liefern können. Und man hat uns eine Quote von 20.000 Tonnen gegeben. Wir wären auch in der Lage gewesen, ein großes Volumen an Stahl zu exportieren. Die Produkte des Maschinenbaus, die wir unter Umständen auch hätten exportieren können, die waren natürlich limitiert und reglementiert durch die technischen Normen der EU, die nicht identisch waren mit denen der Ukraine.
Aus diesen ganzen Punkten heraus hat sich Ende 2013 die Meinung manifestiert, dass der ökonomische Teil des Assoziierungsabkommens in der derzeitigen Form für die Ukraine nicht vorteilhaft gewesen ist. Aber ich unterstreiche nochmal: Alle Gespräche sowohl mit der EU als auch mit Russland wurden vertraulich geführt. Nichts davon ist an die Medien durchgesickert. Wir haben darauf gehofft, irgendwie einen Kompromiss zu finden.
Aber im November 2013, was hatten wir damals vor dem Gipfeltreffen mit der EU? Die finanzielle Hilfe für die Modernisierung der ukrainischen Wirtschaft wurde abgelehnt. Die Erhöhung der Quoten wurde abgelehnt. Ein Überbrückungskredit wurde ebenfalls abgelehnt. Daher hat sich für uns die Frage gestellt, die Unterschrift zu verschieben, bis wir die eben benannten Probleme mit einem Kompromiss gelöst haben. Diesen Moment hat man zur Vorbereitung eines Staatsstreichs genutzt. Auf der diplomatischen Ebene hat Barroso sehr klar gesagt: «Wenn ihr das nicht unterschreibt, wird es ein anderer Präsident und ein anderer Premierminister unterschreiben.» Ich glaube, dass diese Aussage sehr deutlich unterstreicht, welches Machtverhältnis zwischen der EU und der Ukraine damals existierte.
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