Wer über Russland nicht in Manier der NATO-Pressestellen berichtet, gerät heutzutage schnell wieder in Propagandaverdacht. Nun trifft es auch den Sender Euronews.
Von Marco Maier
Eine Resolution des Europäischen Parlaments zur Bekämpfung von angeblicher russischer Propaganda führt inzwischen zu einer regelrechten Hexenjagd in der europäischen Medienlandschaft. Grundsätzlich gilt hier das Motto, dass all jene Medien im Verdacht stehen, Propaganda und Desinformation zu verbreiten, die bezüglich Russland und der russischen Politik nicht die Prinzipien der NATO-Pressestellen vertreten.
Wie die russische Tageszeitung Nesawissimaja Gaseta berichtet, ist nun auch der gemeinschaftliche europäische TV-Sender Euronews in den Verdacht geraten, «russische Propaganda» zu verbreiten. Wie der EU-Abgeordnete Petras Austrevicius von der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE) erläuterte, «muss in erster Linie die Euronews-Frage gelöst werden. Laut Experten werden dort die Nachrichten in russischer Sprache oft entstellt.»
Grund für den seit 12 Jahren erhobenen Vorwurf ist der Umstand, dass die Allrussische Staatliche Fernseh- und Rundfunkgesellschaft damals rund 17 Prozent der Aktien von Euronews erwarb. Einen Höhepunkt erreichten die Propaganda-Vorwürfe, als im Jahr 2014 diverse Parlamentsabgeordnete der Ukraine dem russischen Euronews-Dienst vorwarfen, «russische Propaganda auszustrahlen». Doch Euronews wird zu rund einem Drittel von der Europäischen Union finanziert, während der Kreml hier (im Gegensatz zu RT oder Sputnik) kein Geld zuschießt.
Doch die diffusen Begriffe von «Propaganda» und «Desinformation», lassen einen erheblichen Deutungsspielraum zu. Denn man muss sich die Frage stellen, ob die Berichterstattung aus der jeweiligen nationalen Perspektive heraus schon Propaganda bzw. Desinformation darstellt. Ähnlich verhält es sich mit Sachverhalten, die naturgemäß stets zu unterschiedlichen Darstellungen führen – insbesondere die Lage bei Konfliktherden (siehe Ukraine oder Syrien) oder in außenpolitischen Belangen (z.B. dem Verhältnis zu China, Saudi-Arabien, dem Iran, Venezuela oder Israel).