In Frankreich könnte bald eine pro-russische Staatsspitze vorhanden sein, in Deutschland verlieren die Transatlantiker an Boden. «Kommt eine kontinentale Achse?», fragt sich das Contra Magazin aus Wien.
Von Marco Maier
Charles de Gaulle präsentierte im Jahr 1959, mitten im Kalten Krieg, in einer Rede die Vision eines Europas vom Atlantik bis hin zum Ural. Ein Europa, welches Russland inkludiert und die Amerikaner draußen hält. Es war die kontinentale Idee, die der transatlantischen Idee konträr gegenüber steht. Und aus Frankreich kamen immer wieder solche Töne, die in Washington die Alarmglocken aufschrillen ließen. Heute sind es die Präsidentschaftskandidaten Le Pen und Fillon, die beide große Chancen für die Erreichung der Stichwahl und (besonders bei letzterem) auch für die Führung der «Grande Nation» haben.
Doch auch in Deutschland gab es (nicht nur damals in der DDR) zunehmend kritische Stimmen, die die transatlantische Ausrichtung der Bundesrepublik mit großer Sorge betrachten. Noch sind sie vor allem bei der Linkspartei und der AfD zu finden, aber auch bei der SPD gibt es kritische Stimmen, die diese «Staats-Doktrin» der völligen Unterwerfung des Landes unter die transatlantische Agenda kritisch sehen und eine «neutralere» Position einnehmen. Alleine Linkspartei und AfD könnten bei den Bundestagswahlen schon zusammen zwischen einem Viertel und einem Drittel der Stimmen erhalten. Versagt die künftige Bundesregierung (wohl wieder unter Kanzlerin Merkel) erneut in zentralen Fragen, könnten beide Parteien sogar die Hälfte der Stimmen auf sich vereinen.
Die marode Supermacht USA verliert hier zunehmend an Boden. Zwar halten noch politisches Establishment und Konzernmedien dagegen – doch wie lange können sie dieses Spiel aus «Freund USA, Feind Russland» noch aufrecht erhalten? Innerhalb der Bevölkerung – in Frankreich wie auch in Deutschland – gibt es zunehmend Menschen, die diese ganze transatlantische Propaganda und diese antirussische Hetze einfach nicht mehr hören können.
Man darf sich allerdings keine Wunder erwarten. Bis der gewaltige Einfluss der transatlantischen Gruppen auf ein «erträgliches Maß» reduziert worden ist, wird noch viel Wasser den Rhein hinunterfließen. Doch das «atlantische Narrativ» wird zunehmend zerschlagen. Nun stellt sich nur noch die Frage, wie lange es dauert bis Frankreich die (in Paris ohnehin ungeliebte) NATO verlässt – und wann Deutschland eine nach Souveränität dürstende Regierung erhält, die diesen Schritt ebenfalls wagt und auch die US-Truppen endlich aus dem Land wirft.
Die Frage dürfte nicht sein, «ob» eine solche «Achse Paris-Berlin-Moskau» kommt, sondern vielmehr wann. Die alten, historischen Ressentiments zwischen dem «Ost-» und dem «Westfränkischen Reich» spielen heute faktisch keine Rolle mehr. Vielmehr brauchen beide Industriestaaten eine «strategische Partnerschaft», die den Ressourcenhunger auch stillen kann. Aus Übersee braucht man sich nicht viel zu erwarten – doch Russland bietet sich auf lange Sicht perfekt an. Und eine funktionierende Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft ist wohl auch deutlich besser als eine ohnehin zerfallende Europäische Union.