Kroatische und bosnische Politiker streiten weiterhin darüber, wie viele bosnische Islamisten aus Syrien auf den Balkan zurückkehren könnten. Laut dem Terrorismusexperten Djevad Galijasevic machen beide Seiten falsche Angaben in diesem Zusammenhang, schreibt Sputnik Deutschland
Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar Kitarovic erklärte, Tausende Dschihadisten aus Syrien und dem Irak seien nach Bosnien zurückgekehrt. Der Sicherheitsminister von Bosnien-Herzegowina, Dragan Mektic, sagte darauf, dass „Tausende“ eine große Übertreibung sei. Ihm zufolge wurden 225 Personen mit bosnisch-herzegowinischer Staatsbürgerschaft gezählt, die an den Fronten in Syrien und Irak kämpften – 115 davon befinden sich weiterhin dort, 65 kamen ums Leben, 45 kehrten zurück.
Der bosnische Experte Djevad Galijasevic erklärte im Sputnik-Interview, dass beide Seiten falsche Zahlen angeben. „Kroatien hat genaue Angaben über die Zahl der Dschihadisten in Bosnien-Herzegowina. Das betrifft sowohl den Krieg in den 1990er Jahren als auch die aktuelle Situation. Was Mektic betrifft, gibt er absichtlich eine geringere Zahl von Dschihadisten an, weil er unter der Kontrolle des Mitglieds des Präsidiums von Bosnien-Herzegowina, Bakir Izetbegovic, steht“, so Galijasevic.
Kroatien u. Bosnien streiten weiterhin über Zahl bosnischer Islamisten aus #Syrien auf
Balkan zurückkehren könnten https://t.co/sumzB9AomM— Sputnik Deutschland (@de_sputnik) 28. Dezember 2016
„Warum Mektic von 115 Menschen spricht, ist unklar, während im Bericht der ehemaligen politischen Beraterin des Kommandeurs der European Union Forces in Bosnien-Herzegowina, Leslie S. Lebl, von 320 radikalen Kämpfern die Rede ist. Dieselbe Zahl wird im Bericht der International Crisis Group genannt. Ich würde sagen, dass in Zukunft rund 400 Kämpfer nach Bosnien zurückkehren können. Falls Sie irgendwo die Präsenz von al-Qaida und Dschebhat Fatah asch-Scham sehen, sollten Sie wissen, dass Bosniaken ausschließlich in deren Gruppierungen vertreten sind. Darüber hinaus kämpfen 15 Personen für Dscheisch al-Fath und stehen im Unterschied zu den restlichen auf der Interpol-Liste“, erläuterte der Experte weiter.
Laut Galijasevic verfügt die kroatische Präsidentin über alle Berichte der European Union Forces zu Bosnien und über Angaben von westlichen Geheimdiensten, denen man vertrauen kann. Dem Experten zufolge wurde ihr vielleicht empfohlen, sich nicht auf diese Angaben zu berufen, weil einige Länder weiterhin die Idee des Übergangs von Dschebhat Fatah asch-Scham zur gemäßigten Opposition ablehnen. Was Angaben über angebliche Verbindungen zwischen Izetbegovic und den Muslimbrüdern betrifft, sagte der Experte, dass Medien, die so etwas schreiben, mindestens 50 Jahre zu spät kommen.
„Das ist eine Familientradition. Sein Vater Alija Izetbegovic (ehemaliger Anführer der bosnischen Muslimbrüder) und seine Schwester Sabina übersetzten einst Bücher von Muhammad Qutb, dem Bruder von Sayyid Qutb, einem bekannten Theoretiker und Anhänger der Muslimbrüder. Die Izetbegovic-Familie gewährleistete die Ankunft von Imad El-Misri auf dem Balkan – eines Wahhabiten und islamischen Missionars, der 1992 aus Saudi-Arabien zum Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen in Bosnien gereist war. Dieser Vertreter der Muslimbrüder ist für den Terroranschlag 1997 in Luxor verantwortlich, er saß lange in einem ägyptischen Gefängnis, doch jetzt ist er in Bosnien, er hat einen bosnischen Pass. Sie brachten auch wichtige Funktionäre der Muslimbrüder aus Syrien hierher.“
Der Experte äußerte die Hoffnung, dass die US-Geheimdienste Izetbegovic nicht nur wegen seiner Verbindungen mit den Muslimbrüdern, sondern auch mit anderen in Syrien kämpfenden Terrorgruppen unter die Lupe nehmen werden.