BDI-Vorsitzender Hans Olaf Henkel: «Man solle Trumps Wirtschaftskompetenz nicht überbewerten»

Donald Trump hat in einem Interview Bundeskanzlerin Merkels Flüchtlingspolitik kritisiert, das Ende der EU vorausgesagt und deutschen Autokonzerne mit Strafzöllen gedroht. Über Trumps Aussagen sprach Sputnik mit Hans-Olaf Henkel, EU-Parlamentarier von ALFA und Ex-Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Via SputnikNews

Kritik bekommt Trump für seine Drohung, deutsche Autokonzerne mit Strafzöllen von 35 Prozent zu belegen. „Das ist leider sehr ernst zu nehmen. Ich halte das für verantwortungslos und kontraproduktiv“, so Henkel. Zum einen beschädige diese Aussage das Interesse amerikanischer Konsumenten, die gerne BMW und Mercedes fahren und dann mehr bezahlen müssten. Zum anderen schneide sich Trump mit der Drohung ins eigene Fleisch.„Wenn er sich darüber beschwert, dass deutsche Autos einen hohen Marktanteil in Amerika haben und amerikanische bei uns einen niedrigen, dann liegt das an der Qualität der deutschen Fahrzeuge und an der mangelnden der amerikanischen“, meint Henkel.

Wenn Trump nun einen hohen Marktanteil zum Maßstab für Strafzölle nehme, müsse er sich fragen, was dann mit den vielen amerikanischen IT-Unternehmen wie Facebook passiere. Diese hätten weltweit praktisch ein Monopol, betont der Politiker und Ex-BDI-Chef. „Er muss also vorsichtig sein. Man kann nicht meinen, man dürfe die deutsche Automobilindustrie für ihre Qualität bestrafen, ohne dass Folgen hat für Branchen, in denen die Amerikaner in Europa führend sind.“

Darum sollten die deutschen Unternehmen mit Selbstvertrauen auf Trumps Aussagen reagieren. Und nicht, wie es einige amerikanische Firmen gemacht hätten, ihm schon Versprechungen machen, ehe er überhaupt im Amt ist. Deutsche Unternehmen sollten sich weiter darauf konzentrieren, die besten Produkte der Welt zu bauen, dann werden sie auch in Zukunft einen Trump überleben, so Henkel.

Sputnik möchte wissen, ob das Freihandelsabkommen TTIP nach den Aussagen Trumps in weite Ferne gerückt sei. „Das kann man wohl sagen“, antwortet Henkel. „Ich glaube, das hat große Schwierigkeiten, obwohl er bisher nur das TPP (Transpazifische Freihandelsabkommen) in Frage gestellt hat. Darum nehme ich an, dass Trump mit neuen Forderungen ankommt.“ Da müsse man sich dann auf die europäische Verhandlungsführung verlassen.

Die USA sind seit langem Deutschlands erster Export-Kunde. Ob das unter Trump weiter so bleibt? „Ich nehme an, dass seine Berater ihm klarmachen können, was Sache ist“, antwortet Henkel. Und dann nimmt sich der EU-Abgeordnete die vermeintliche Wirtschaftsexpertise des künftigen US-Präsidenten zur Brust: „Man meint immer, Trump sei ein erfolgreicher Wirtschaftsmensch. Dieser Mann hat sein Geld mit Immobilien gemacht. Und zwar nur mit Immobilien und die kann man nicht exportieren und importieren. Das heißt, er hat keine Ahnung von internationaler Konkurrenz. Er weiß nicht, wie wichtig es ist, international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Wirtschaftskompetenz von Trump darf man nicht überbewerten. Sie ist mehr oder weniger auf Immobilien beschränkt.“

Trumps Äußerungen über die Bundeskanzlerin und teilweise auch über die EU findet er dagegen für begründet. „Die Kritik gegen Frau Merkel ist leider berechtigt“, sagt Henkel zu Beginn und verweist auf sein Buch „Deutschland gehört auf die Couch“, das er gemeinsam mit seinem Partei- und Parlamentskollegen Prof. Dr. Joachim Starbatty im vergangenen Jahr veröffentlichte. Darin kritisieren die beiden die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin genau wie Trump als verantwortungslos.

Eine andere Meinung als der künftige US-Präsident vertritt Henkel beim Thema Europäische Union. Während Trump das Ende des Bündnisses voraussagt, betont Henkel: „Ich bin für die EU und natürlich für Europa. Ich bin nur gegen den Euro!“ Allerdings befürchtet er für die Zukunft des Bündnisses wenig Gutes: „Wenn Juncker, Schulz und die Euro-Politiker Schäuble, Draghi und Merkel so weitermachen wie bisher, dann ist die Gefahr, dass die EU großen Schaden leidet, sehr groß“, mahnt der frühere Präsident des BDI an. Henkel deutet Trumps-Interview darum als Mahnung an die Euro-mantischen Politiker.