Lateinamerika: Konflikt um Teilnahme kleiner Parteien bei Wahlen in Venezuela

 

Konflikt um Teilnahme kleiner Parteien bei Wahlen in Venezuela. Wahlbehörde verlangt neue Registrierung. Parteien müssen 0,5 Prozent der Stimmen in zwölf Bundesstaaten nachweisen. Nur elf der 59 betroffenen Parteien nehmen teil

Übersetzung:

Publiziert auf Amerika 21 , zuerst auf Venezuelaanalysis

Die Mehrzahl der kleinen politische Parteien in Venezuela boykottiert das vom Wahlrat (CNE) eingeleitete Verfahren, mit dem sie sich für die kommenden Wahlen neu registrieren müssen. Die unlängst eingeführten Regelungen erschwerten ihre Zulassung derart, dass von einem Ausschluss der meisten dieser Parteien auszugehen sei, so die Begründung.

Ab dem 4. März mussten sich all diejenigen politischen Parteien an dem Verfahren beteiligen, die bei den letzten Parlamentswahlen im Dezember 2015 auf weniger als ein Prozent der Stimmen kamen oder noch nie an Wahlen beteiligt waren. Sie haben zwei Tage Zeit, um in den landesweiten Zweigstellen des CNE anhand der Stimmabgabe ihrer Mitglieder mit biometrischen Daten nachzuweisen, dass sie eine Basis von mindestens 0,5 Prozent der registrierten Wähler in zwölf von ihnen ausgewählten Bundesstaaten haben. Nur dann dürfen sie weiterhin an Wahlen teilnehmen.

Dieses Verfahren wird sowohl von rechten oppositionellen Gruppierungen als auch von Unterstützern der Linksregierung scharf kritisiert. Es habe einen abstrafenden Charakter und mache es kleinen Parteien unnötig schwer. Nur elf von insgesamt 59 der betroffenen Parteien wollen sich daran beteiligen.

Unter den Anhängern der sozialistischen Regierung sind dies nur die Tupamaros und die Linkspartei Podemos. Aus den Reihen der Opposition haben unter anderem die Parteien Voluntad Popular, Acción Democrática, Primero Justicia und UNT «unter Protest» ihre Bereitschaft zur Registrierung erklärt. Im Oppositionsbündnis Tisch der Demokratischen Einheit (MUD) hat dies erneut zu Streitigkeiten geführt, da 15 Parteien des Bündnisses die Teilnahme verweigern und den MUD zum Boykott aufriefen.

Die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV) und das Bündnis von Basisbewegungen Redes klagen gegen die Richtlinien des CNE, die auf einem Gesetz über politische Parteien aus dem Jahr 1965 basieren. Die PCV hat am 16. Februar beim Obersten Gericht beantragt, Artikel 25 dieses Gesetzes für null und nichtig zu erklären, da er gegen die Verfassung von 1999 verstoße, denn Parteien würden gezwungen, dem CNE Details über ihre Mitglieder und Führungspersönlichkeiten mitzuteilen.

«Dies beinhaltet fundamentale Risiken für unsere Mitglieder, wir sprechen davon, dass wir vertrauliche Informationen über Parteimitglieder übergeben sollen, die einer Partei angehören, die in der Geschichte immer verfolgt wurde», sagte Oscar Figuera, Generalsekretär der PCV.

Dieses Gesetz sei auf der Höhe des Antikommunismus im Land unter der Regierung der sozialdemokratischen Partei Acción Democrática (AD) und Präsident Romulo Betancourt verabschiedet worden, als gezielt repressive Maßnahmen gegen die linke Opposition durchgeführt wurden.

Auch die linke Partei UPV (Unidad Popular Venezolano) hat erklärt, sie werde sich erst an der Registrierung beteiligen, wenn es «signifikante Änderungen» an den Regelungen gebe. «Wir sind bereit, Unterschriften zu sammeln und unsere Mitglieder dazu aufzurufen, aber unter besseren Voraussetzungen und mit mehr Zeit», so UPV-Generalsekretär Carmelo González.

Parteien, die sich dafür entschieden hatten, an Wahlen innerhalb einer Koalition statt als unabhängige Partei teilzunehmen, sind vor allem von den Regelungen betroffen und werden vom CNE nicht als Parteien anerkannt, die bei den jüngsten Wahlen angetreten sind.

«Der CNE will die Regel anwenden, dass wir an den vergangenen beiden Wahlen gar nicht teilgenommen haben, als wir dies als Teil des Großen Patriotischen Pols (GPP) getan haben», fügt González hinzu. Der GPP wurde im Oktober 2011 zur Unterstützung des «Bolivarischen Prozesses» und des damaligen Präsidenten Hugo Chávez bei den Wahlen 2012 gegründet. Die Allianz soll als Verbindung zwischen den die Regierung unterstützenden Parteien und der Basisbewegung fungieren.

Die regierende sozialistische Partei PSUV, die von dem Prozedere ausgeschlossen ist, da sie weit mehr als ein Prozent der Stimmen erhielt, hat diese Kritik zurückgewiesen.»Es geht nur darum, 0,5 Prozent Wählerstimmen in der Hälfte der Bundesstaaten zu sammeln. Wenn eine Partei dazu nicht in der Lage ist, kann sie nicht von sich behaupten, eine landesweite Partei zu sein», sagte Héctor Rodríguez, PSUV-Abgeordneter in der Nationalversammlung.

Die Registrierung sollte bereits am 18. Februar beginnen, wurde aber vom CNE auf den 4. März verschoben, da es mehrere Beschwerden gegen den Termin gab, der zudem mit der Ferienzeit kollidierte.

Eine der Leiterinnen des CNE, Tania D’Amelio, hat unterdessen bestätigt, dass die Wahlbehörde den Zeitplan für die Regionalwahlen, die, bereits verspätet, Mitte des Jahres stattfinden sollen, erst bekannt geben wird, wenn der Registrierungsprozess abgeschlossen ist.