Russland wäre für einen Angriff im Sinne des US-Programms Prompt Global Strike (PGS) verletzlich, warnt Leonid Orlenko, Professor an der Staatlichen Technischen Universität Moskau, und klärt über mögliche Gegenmaßnahmen auf.
In einem Gastbeitrag für die „Nesawissimaja Gaseta“ schreibt Orlenko, in den USA werde seit Jahren an einer gegen Russland gerichteten Kombination der Raketenabwehr mit dem PGS-Programm gearbeitet.
„Der Raketenschild, sobald er komplett aufgebaut ist, soll praktisch den ganzen Erdball umfassen und das US-Territorium vor jedem Angriff aus dem Luft- und dem Weltraum schützen (also vor Raketen jeden Typs, vor Kampfjets, Drohnen und so weiter). Mit dem PGS soll das als Opfer bestimmte Land unterdessen einen massiven zeitgleichen Schlag mit mehreren Tausend Raketen erleben, wobei Stellungen seiner strategischen Atomtruppen und die Führungszentralen des Staates und der Streitkräfte ins Visier rücken. Jene atombestückten Raketen, die durch den PGS nicht zerstört werden, sollen vom US-Raketenschild abgefangen werden“, schreibt der Experte.
#Russland wäre für einen Angriff im Sinne des US-Programms Prompt Global Strike (PGS) verletzlich https://t.co/ieKmpk2Dbf pic.twitter.com/ygehu7fqVC
— Sputnik Deutschland (@de_sputnik) 17. März 2017
Ein Prompt Global Strike könne effizient sein, wenn er beispielsweise mit Marschflugkörpern erfolge, die mit Radaren schwer zu orten seien, oder wenn Raketen zum Einsatz kämen, die ihre Ziele binnen zehn bis zwölf Minuten erreichten. Dann habe Russland keine Zeit für einen Vergeltungsschlag gegen die USA, analysiert Orlenko.
In diesem Sinne seien US-amerikanische seegestützte Tarnkappen-Marschflugkörper für einen PGS geeignet. Darüber hinaus seien die nahe der russischen Nordküste operierenden Atom-U-Boote der USA in der Lage, ballistische Interkontinental-Raketen für diese Zwecke einzusetzen. Innerhalb von zehn bis 15 Minuten seien solche Raketen fähig, Startanlagen landgestützter Langstrecken-Atomraketen in Russland zu erreichen. Russland habe im Moment keine Raketenabwehr, um diese Startanlagen in gebührender Weise zu schützen.
Aber auch gegnerische Präzisionsraketen hätten ihre Mängel. Sie bräuchten ja genaue Koordinaten ihrer Ziele in Russland. Eine Gegenmaßnahme bestünde deshalb darin, die russischen Interkontinental-Raketen vor gegnerischen Satelliten, Drohnen und weiteren Spionen besser zu verstecken, so Orlenko weiter.
Eine mögliche Option für Russland bestehe etwa darin, aktiver auf U-Boote mit ballistischen Raketen zu setzen. Im Weltmeer haben die USA allerdings ihr Anti-U-Boot-System mit spezialisierten Schiffen, Flugzeugen und Sonarbojen: „Deshalb wäre es sicherer, russische U-Boote in jenen nördlichen und östlichen Meeresgebieten operieren zu lassen, die von der russischen Nord- und Pazifikflotte gut geschützt sind. Ein Teil der ballistischen Interkontinental-Raketen könnte in unterirdischen Tunnels stationiert werden – wie in China.“
Eine Stationierung in Eisenbahnzügen oder in Lkws wäre nach Ansicht von Orlenko nicht sicher genug, weil Angriffe von Terroristen und Saboteuren nicht auszuschließen seien, aber auch wegen möglicher Transportunfälle.