„Nicht die beste Variante, aber auch nicht tödlich“ — Emmanuel Macron vs. Moskau

Nachdem sich der französische Wahlfavorit Emmanuel Macron bei der jüngsten TV-Debatte gegen eine Annäherung mit Russland ausgesprochen hat, nehmen russische Experten seinen außenpolitischen Kurs unter die Lupe. Was geschieht, wenn Macron die Wahlen gewinnt?

Emmanuel Macron. Bild: Flickr / Official Leweb Photos CC BY 2.0

„Erstmals hat sich Macron öffentlich zu seinem Programm geäußert, d.h. für einen breiten Zuschauerkreis. Aber auch zuvor hatte niemand Zweifel daran, dass Macron ein überzeugter Atlantist ist, ein Befürworter des geeinten Europas und der Menschenrechte, die aus seiner Sicht in Russland verletzt werden“, sagte die russische Auslandsexpertin Jewgenia Obitschkina der Onlinezeitung vz.ru

Sergej Fjodorow, Experte des russischen Europa-Instituts, stimmte zu: „Im Gegensatz zu François Fillon, der im Sinne der traditionellen gaullistischen Politik ein unabhängiges Frankreich und eine rationelle Zusammenarbeit mit Russland befürwortet, und erst recht im Gegensatz zu Marine Le Pen hat sich Emmanuel Macron auch zuvor für einen härteren Dialog mit Russland ausgesprochen – im Hinblick auf den Unterschied der Werte und auf die aus europäischer Sicht falsche Außen- und Innenpolitik des Kremls.“
Der russische Duma-Abgeordnete Wjatscheslaw Nikonow sagte der Agentur RIA Novosti, in der europäischen Elite gebe es sowohl Anhänger als auch Gegner einer Kooperation mit Russland. Macron repräsentiere die Interessen der gegenwärtigen Regierung in Paris, aber auch der derzeitigen EU-Führung und des „ganzen liberalen Establishments Europas“.

„Natürlich vertritt Macron harte antirussische Positionen. Ob ihm dies bei den Wahlen helfen wird? Vorerst hat er nicht schlechte Chancen, den Wahlmarathon in Frankreich zu gewinnen“, so Nikonow.

Konstantin Kossatschow, Chef des Auswärtigen Ausschusses im russischen Föderationsrat (Parlamentsoberhaus), kommentierte, Macron halte es derzeit für zweckmäßig, zu einer schärferen Rhetorik gegenüber Russland zu greifen, um sich von seinen Konkurrenten abzuheben.
„Außerdem sendet er damit ein klares Signal an die ‚Schutz-Kräfte‘ in Europa und in den USA – also an diejenigen, die derzeit gegen die inneren Herausforderungen für den Westen zu Felde ziehen. Diese Herausforderungen werden aus ihrer Sicht von Figuren wie Donald Trump und Marine Le Pen verkörpert sowie von weiteren Politikern und Kräften, die kritisch als Populisten bezeichnet werden“, sagte Kossatschow.

Welche außenpolitischen Konsequenzen wären nun zu erwarten, falls Macron die Wahlen gewinnt? Obitschkina prognostiziert, er werde im Vergleich zu François Hollande einen noch härteren Kurs gegenüber Russland einschlagen: „Das ist ein ausgesprochen proamerikanischer und probritischer Politiker.“
Die Prognose von Kossatschow: „Wenn Macron Präsident wird, werden wir offenbar eine Variation der gegenwärtigen Russland-Politik von Hollande beobachten. Diese Option wäre zwar nicht die beste, aber sozusagen auch nicht tödlich. Wir haben inzwischen gelernt, auch damit zu leben.“

Nach der TV-Debatte liegt Macron laut einer Elabe-Umfrage mit 26 Prozent vorne, meldete die Agentur Reuters. Auf Platz zwei rangiert Marine Le Pen mit 24,5 Prozent der Stimmen.