Russland: Die Präsidentenwahlen 2018. Worauf warten?

Ein Jahr vor der Präsidentenwahl: Putin wird letzte Amtszeit für umfassende Reformagenda nutzen

Ein Jahr vor den Präsidentenwahlen 2018 will Präsident Wladimir Putin die Voraussetzungen dafür schaffen, auf der Basis eines breiten Mandats seine letzte Amtsperiode als Präsident einer umfassenden Zukunftsagenda für die Russische Föderation zu widmen.

Im März 2018 wählt Russland wieder seinen Präsidenten. Alles deutet darauf hin, dass Wladimir Putin noch einmal antreten und deutlich gewinnen wird. Der Kreml will jedoch vor allem eine hohe Wahlbeteiligung, um Rückhalt für eine Reformoffensive zu erlangen.

In einem Jahr, voraussichtlich im März 2018, werden in der Russischen Föderation die nächsten Präsidentschaftswahlen stattfinden. Auch wenn es noch keine offiziellen Aussagen über die Kandidatur gibt, rechnet die gesamte politische Öffentlichkeit damit, dass Präsident Wladimir Putin sich noch einmal um seine Wiederwahl bemühen wird – ehe er die Regierungsverantwortung dauerhaft in die Hände einer jüngeren Generation legen wird.

Die Wahlen zur Staatsduma im Vorjahr haben einen starken Wunsch der Bevölkerung nach Stabilität und Kontinuität zum Ausdruck gebracht. Der Erfolg der Kreml-nahen Partei Einiges Russland und aktuelle Umfragen lassen erahnen, dass Wladimir Putin, so er sich zu einer erneuten Kandidatur entschließen sollte, mit einem deutlichen Votum für seine Person rechnen könnte. Die Benchmark, die der Präsident anpeilen könnte, würde demnach um die 70 Prozent liegen – bei einer höheren Wahlbeteiligung als 2012 und im Vorjahr bei der Duma-Wahl.

Auch künftig werden vier Parteien in der Staatsduma der Russischen Föderation vertreten sein. Dieser Trend verfestigt sich mit zunehmendem Auszählungsgrad.

Dafür, dass die Wahl aller Voraussicht nach vor allem ein Vertrauensplebiszit über Putin werden wird und dass dieses klar zu dessen Gunsten ausfallen dürfte, gibt es eine Reihe von Faktoren.

Putin gegen Riege von Polit-Altstars

Einer davon ist das ungebrochene Ansehen und Charisma des amtierenden Präsidenten selbst. Innenpolitisch gilt Putin als die Symbolfigur einer Wiedergenesung der Wirtschaft und des Gemeinwesens nach den lähmenden letzten Jahren der Sowjetära und den gesetzlosen Zuständen der 1990er Jahre. Außenpolitisch hat Putin die Rolle der Russischen Föderation in der Welt gestärkt und trotz Konfrontationspolitik und Sanktionen vonseiten des Westens ist das Land aus Krisen gestärkt hervorgegangen.

Vor diesem Hintergrund steht eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Präsidenten und sieht weit und breit keine personelle Alternative, die in der Lage wäre, Wohlstand, Sicherheit und nationales Selbstbewusstsein in ähnlicher Weise zu gewährleisten.

Auch dürfte den meisten absehbaren Gegenkandidaten bewusst sein, dass sie gegenüber einem erneut kandidierenden Putin auf verlorenem Posten stehen würden. Mit dem Populisten Wladimir Schirinowski (70) und dem Parteichef der Kommunisten, Gennadi Sjuganow (72), werden voraussichtlich zwei Zählkandidaten als Fixstarter auftreten, die bereits vor 20 Jahren ihre Ämter ausgeübt hatten und denen die Bevölkerung ebenso wenig neue Impulse zutraut wie dem Liberalen Grigori Jawlinski (64). Diesem blieb 2012 eine Kandidatur versagt, weil der Anteil der nicht authentischen Unterstützungsunterschriften, die er eingereicht hatte, bei weitem das gesetzlich tolerierte Maß überschritten hatte.

Ein Fragezeichen bleibt bislang auch die Kandidatur des Nationalisten Alexej Nawalny, der vor allem im Westen als vermeintlicher Hoffnungsträger für eine stärker an den Interessen der USA und der EU ausgerichtete Politik gesehen wird.

Nawalny ist nach mehreren rechtskräftigen Verurteilungen auf Grund von Vermögensdelikten nach geltenden russischen Gesetzen der Weg zu einer Kandidatur versperrt. Wie das Nachrichtenportal Russia Beyond The Headlines jedoch erfahren haben will, gibt es innerhalb der Präsidialverwaltung Stimmen, die dafür eintreten, dem Blogger doch noch einen Wahlantritt zu ermöglichen. Dies wäre ein sinnvoller Schritt, um Zweifeln an der Legitimität der Wahlen entgegenzuwirken, wie sie von der prowestlichen Opposition immer wieder lautstark geäußert werden.

Gegner jedoch wenden ein, dass die gesetzlichen Bestimmungen, die verurteilte Straftäter von der Kandidatur ausschließen, eingehalten werden sollen, um das Ansehen des Präsidentenamtes nicht zu beeinträchtigen.

Talente scheuen immer noch Schritt in die Politik

Dass auch heute noch weithin die gleichen Akteure in der russischen Politik eine Rolle spielen wie vor 15 oder 20 Jahren, ist auch ein Erbe der anarchischen Zustände der 1990er Jahre. Damals kauften sich Oligarchen nach Belieben in die Politik ein, die politische Führung war schwach und weitgehend ein Spielball der Reichen und Mächtigen. Unbotmäßiges Verhalten von Politikern gegenüber den Special-Interest-Gruppen konnte gut und gerne auch mal vorzeitig im Sarg enden.

Nur Personen mit starken Apparaten im Hintergrund — wie Putin, der auf seine Geheimdienstkader zurückgreifen konnte oder Sjuganow als Chef der Kommunistischen Partei mit 500.000 Mitgliedern — oder Hasardeure wie Schirinowski oder Nawalny konnten in einer solchen Situation politisch bestehen. Talentierte Köpfe versuchten sich angesichts des hohen Risikos lieber in der Wirtschaft oder im vorpolitischen Raum.

Obwohl es dem Kreml im Laufe der Jahre gelungen ist, den Staat als Ordnungsfaktor wiederherzustellen, wagen immer noch verhältnismäßig wenige Menschen den Schritt in die Politik.

Da die personelle Ausstattung der führenden politischen Parteien in Russland und die Parteienlandschaft als solche keine spürbare Dynamik zu schaffen vermögen, sieht sich Präsident Putin augenscheinlich in der Pflicht, selbst für eine solche zu sorgen.

Jüngste politische Entscheidungen und sonstige Entwicklungen, die der Kreml angestoßen hat, deuten darauf hin, dass Wladimir Putin entschlossen ist, seine letzte Amtsperiode zu einer Phase tiefgreifender Reformen und Veränderungen zu machen. Dafür sucht er bereits im Vorfeld eine möglichst breite Unterstützung, was dazu führt, dass der Kreml vor allem eine hohe Wahlbeteiligung anstrebt.

Mit eisernem Besen und radikaler Verjüngung gegen die Korruption

Der Kreml bereitet sich derzeit mithilfe politischer Berater und Experten auf die Wahlen und die letzte Phase der Ära Putin vor. Der Präsident will ein Werk hinterlassen, das noch Jahre nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik funktioniert. Ein Schwerpunkt wird dabei der Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft sein. Allein im Februar wurden in diesem Zusammenhang fünf Gouverneure entlassen. Es soll der Vizechef der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko, sein, der die Aufgabe hat, mit eisernem Besen zu kehren.

Hat der Kreml in solchen Fällen früher noch loyale Mitarbeiter des Präsidenten an die Stelle der Betroffenen gesetzt, sind es jetzt so genannte effektive Manager, meist jüngeren Alters, die den nötigen Ehrgeiz mitbringen, notfalls auch radikale Umgestaltungen in lokaler Politik und Verwaltung umzusetzen. Im Oktober 2016 wurde beispielsweise der 50-jährige Gouverneur von Kaliningrad, Jewgeni Sinitschew, durch den erst 30-jährigen Anton Alichanow ersetzt.

Der Kreml sendet aber auch Signale an den liberalen Teil der Bevölkerung aus, die sich vor allem in den Großstädten findet, wo Putin 2012 bei den Präsidentenwahlen wesentlich schlechter abschnitt als auf dem flachen Land.

Im vorangegangen Monat wurden offenbar auf Initiative des Präsidentenamtes Haftstrafen für drei Frauen aufgehoben, die infolge von Staatsschutzdelikten wie der Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration oder sogar wegen der Weitergabe von Bewegungsdaten russischer Truppen verurteilt worden waren.

Igor Bunin, der Direktor des Zentrums für politische Technologien, erklärte gegenüber Russia Beyond The Headlines, dass diese Strategie des Präsidenten, eine möglichst breite Basis der Bevölkerung hinter sich zu scharen, um so eine hohe Wahlbeteiligung zu sichern, mit der beabsichtigten Reformagenda zu tun hat:

Ab 2018 wird es schmerzhafte Wirtschaftsreformen geben, die einen großen Teil der Bevölkerung betreffen werden. Um diese durchzusetzen, darf niemand die Legitimität des Präsidenten infrage stellen. Die Zahlen müssen für sich sprechen.

 

Quelle: RT