Zwar werden immer noch Truppen an der russischen Grenze stationiert, Trump und seine Regierung ahnen jedoch: Das alte System NATO hat ausgedient.
Kehren die USA der unsichtbaren Gefahr aus Russland den Rücken zu? Der Krieg in Syrien tritt mit der Stationierung von US-Truppen in eine weitere Phase ein. US-Präsident Donald Trump prangerte an, dass die NATO für die USA zu teuer sei und die anderen Mitgliedsstaaten künftig ihren Teil beitragen müssten. Er bezeichnete die NATO als «obsolet».
Nach einem Treffen zwischen Trump und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel schrieb die Sunday Times, dass Trump Merkel sogar eine Rechnung für NATO-Dienstleistungen überreicht haben soll. Diese Darstellung dementierte daraufhin ein Regierungssprecher. Die Rechnungssumme soll sich auf 300 Milliarden Pfund belaufen haben.
Vom 6. bis 7. April wird US-Außenminister Rex Tillerson einem Treffen zwischen Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping beiwohnen. Terminlich kollidiert dieses Treffen mit einer Zusammenkunft von NATO-Ministern, die vom 5. bis 6. April geplant ist. Beide US-Spitzenpolitiker geben nach derzeitigem Stand der Zusammenkunft mit Xi den Vorzug. Dem Treffen gingen lange Verhandlungen und Überlegungen voraus, welcher Ort hierfür gewählt werden sollte. Letztendlich fiel die Wahl auf Trumps Residenz Mar-a-Lago in Florida. Es ist das erste Mal seit 2002, dass ein amerikanischer Außenminister einem NATO-Treffen nicht beiwohnt.
An reinen Zufall will dabei kaum jemand glauben. Vielmehr gibt es gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die US-Führung auch in der militärischen Bündnispolitik Schwerpunkte verschieben will. Für das alte System der NATO zeigt Trump wenig Interesse. Er will stattdessen eine Art arabischer NATO, die von arabischen Ländern finanziert wird und von den USA und Israel mit Militär und Know-how gefördert. Die Idee stammt aber nicht von Trump selbst, sondern der ägyptische Präsident Abdel al-Sisi hat diese bereits vor zwei Jahren ins Gespräch gebracht. Er warnte damals vor den radikalen Dschihadisten, die den Mittleren Osten ins Chaos stürzen werden und forderte den militärischen Zusammenschluss von elf arabischen Ländern angesichts dieser Bedrohung. Diese wären: Ägypten, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabische Emirate, Katar, Kuwait, Marokko, Tunesien, Algerien, Sudan, Libyen und Jordanien.
Der Plan fand auch die Unterstützung des ehemaligen Generalleutnants Mike Flynn und wurde als Al-Sisi-Flynn-Plan bekannt, jedoch bisher nicht umgesetzt. Mit dem Machtwechsel im Weißen Haus nahm sich Trump des Plans an. Beim israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu traf das Konzept auf viel Wohlwollen. Auch während der Münchner Sicherheitskonferenz war ein mögliches neues Bündnis zwischen Israel und arabischen Staaten gegen den Iran ein Thema. Einer solchen Allianz steht aber derzeit noch die Palästinenserfrage im Wege, die die arabischen Staaten im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung beantwortet sehen wollen. Auch die Ankündigung, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen und diese Stadt damit als unteilbare Stadt eines jüdischen Staates anzuerkennen, steht einer Zusammenarbeit entgegen.
Auch die Konfliktherde in Asien erscheinen den USA derzeit als dringlicher gegenüber einer im Wesentlichen nur in der Fantasie interessierter politischer Akteure existierenden Gefahr für die NATO entlang Europas östlichen Grenzen. In Japan sind die USA gemäß bestehenden Verträgen stationiert, um Frieden in die Region zu bringen.
Die tief in die Geschichte zurückreichenden Auseinandersetzungen vor allem zwischen der Volksrepublik China und Japan um Inseln im Südchinesischen Meer, unerschlossene Ressourcen und die Kontrolle des Schiffsverkehrs stellen eine komplexe Aufgabe dar. Offiziell haben die USA davon abgesehen, Stellung für eine Partei zu beziehen, Japan aber militärische Unterstützung zugesagt.
Eine friedliche Lösung im Konflikt rund um das Südchinesische Meer könnten die von den ASEAN-Staatenentwickelten Prinzipien ermöglichen. Bezüglich Nordkoreas sind die USA und China einig, dass Pjöngjangs Raketentests zu verurteilen sind. Hoffnungen der USA auf weitere chinesische Sanktionen gegen Nordkorea werden sich jedoch nicht erfüllen, solange die USA Kriegsgerät und Soldaten in Südkorea stationieren.
Trump hatte nach einem schweren Start mit China und verspäteten chinesischen Neujahrsgrüßen die Fortsetzung der amerikanischen Ein-China-Politik verkündet. Ein geplanter Waffendeal mit Taiwan soll erst nach dem Treffen mit Xi Jinping ausgehandelt werden.
US-Verteidigungsminister James Mattis hatte den NATO-Mitgliedern die Unterstützung durch Trump zugesagt und versucht, ihnen die Angst vor Veränderungen zu nehmen. Das erhoffte Eintreten des «Alles-bleibt-wie-es-ist»-Szenarios rückt jedoch in Anbetracht der realen Verhältnisse in immer weitere Ferne.
Quelle: RT