
Während einer Anhörung des Justizkomitees im US-Senat schlug der FBI-Chef, James Comey, Mittwoch erneut mit Schuldzuweisungen um sich.
Als US-Senatoren ihn zu der Untersuchung über Hillary Clintons E-Mails und Russlands angebliche Einmischung in die US-Wahlen befragten, griff er insbesondere die Enthüllungsplattform WikiLeaks an.
«Ein riesiger Teil der Wikileaks-Aktivitäten hat nichts zu tun mit Nachrichten oder Informierung der Öffentlichkeit, oder Kommentierung öffentlicher Kontroversen, sondern es geht einfach nur darum, Informationen zu veröffentlichen, um den Vereinigten Staaten zu schaden», sagte Comey. «Es ist ein Informations-Porno», fügte er hinzu.
Die Aussage kam einen Tag, nachdem Clinton Comey für ihre Niederlage bei der US-Präsidentschaftswahl mitverantwortlich machte. Das Verhalten des FBI-Chefs, die Untersuchung der E-Mail-Affäre trotz des Wahlkampfs fortgeführt zu haben, soll erheblich zu ihren Verlusten bei den Wahlen im November beigetragen haben. Comey verteidigte seine Entscheidung. Gleichzeitig behauptete er, dass Russland derzeit aktiv versuche, die US-amerikanische Politik zu beeinflussen und nannte Moskau «die größte Bedrohung» für die US-Demokratie.
RT sprach mit Annie Machon über die Aussagen des FBI-Direktors. Die Expertin verwies auf ganz andere Gefahrenquellen für die Demokratie der Vereinigten Staaten.
Frau Machon, wie beurteilen Sie die Aussage des FBI-Chefs zu WikiLeaks?
Ich glaube, er hat sich wirklich in vielerlei Hinsicht selbst ins Bein geschossen. Erstens versucht [er], Russland als die größte Bedrohung für die US-amerikanische Demokratie darzustellen, obwohl es keine veröffentlichten Beweise für die überhöhten Behauptungen gibt, Russland habe versucht, sich in US-amerikanische Wahlen zu hacken.
Zweitens ist WikiLeaks, unabhängig davon, welche Maßstäbe man anlegt, ein Herausgeber von Informationen, an der die Öffentlichkeit großes Interesse hat. Sie ist nicht nur an den jüngsten Enthüllungen über die CIA, den Informationen über das Democratic National Committee im vergangenen Jahr, den Podesta-Dateien oder Ähnlichem interessiert.
WikiLeaks veröffentlicht seit zehn Jahren Informationen aus der ganzen Welt über finanzielle Korruption, Rechtsextremismus, die Bilderberg-Gruppe, Kriegsverbrechen, Enthüllungen von Chelsea Manning, US-amerikanische Diplomatie. Sie veröffentlichen alles, was ihrer Meinung nach im öffentlichen Interesse ist (dabei müssen sie sich auf ihre Quellen verlassen, die ihnen das OK dazu geben). Also sind sie in jeder Hinsicht ein Verleger. Sie sind nur eine neue Hi-Tech-Variante von Veröffentlichungen im Vergleich zu den alten Medien wie The New York Times oder The Washington Post.
Senator Lindsey Graham befragte Comey über die Vorwürfe der russischen Einmischung in den USA und in der Weltpolitik. «Kann man sagen, dass die russische Regierung noch immer in der US-amerikanischen Politik involviert ist?» fragte Graham. Comey antwortete: «Ja.» Wie kann der Chef des FBI so sicher sein?
Das ist eine sehr gute Frage. Niemand scheint irgendwo irgendwelche belastbaren Beweise über das angebliche russische Hacking in den US-Wahlen gesehen zu haben.
Es begann als eine Art Ablenkungsmanöver in Hillary Clintons Kampagne, um keine Verantwortung dafür zu tragen, dass sie offenbar illegal einen privaten E-Mail-Server verwendete. Das war im Sommer letzten Jahres.
Die Information gingen aus den Podesta E-Mails hervor, die vom Democratic National Committee geleaked wurden. Plötzlich entstand eine Verbindung zwischen der Tatsache, dass Wikileaks diese veröffentlichte und der, dass Russland es an Wikileaks weitergeleitet habe. Es gibt keine Beweise. Daraus wurde dann plötzlich «Russland hackte den Wahl-Prozess», «Russland hackte ein Kraftwerk in Vermont». Diese Anschuldigungen wurden mit der Zeit widerlegt.
So entstand viel heiße Luft, um zu verschleiern, dass Hillary Clinton die Wahl im letzten Jahr mit schlechten Ergebnissen verlor. Außerdem war das bereits der Beginn, dessen, was jetzt offen ausgedrückt wird. Und zwar das Ziel der US-amerikanischen Regierung, Julian Assange mit jeglichen Mitteln zu verfolgen, sei es Spionage oder was auch immer. Er traf einen wunden Punkt, als er Informationen darüber veröffentlichte, was die USA vorhat. Also wollen sie ihn auf irgendeine Weise erwischen, wie auch andere WikiLeaks-Mitarbeiter. Ich denke, James Comey schürt die Flammen eines fehlerhaft geführten Prozesses, der zum größten in der Geschichte werden könnte, wenn das so weiter geht.
FBI-Chef James Comey bezeichnete Russland auch als «die größte Bedrohung» für die US-Demokratie. Was denken Sie darüber?
Ich denke, dass das Zwei-Parteien-System der USA eine der größten Bedrohungen für deren Demokratie ist. Es ist eigentlich eine Farce in dem Sinne, dass es keine Rolle spielt, wen du wählst, denn die gleiche Regierungsverwaltung bleibt an der Macht. Hinzu kommt die Tatsache, dass die meisten Präsidentschaftskandidaten in den USA dazu neigen, sehr stark von großen Lobby-Organisationen der Wall Street abhängig zu sein. Damit repräsentiert der Staat in den USA meist vorrangig Konzerninteressen.