An einem Abend im letzten September. Eine junge Frau ist alleine unterwegs auf einem Abendspaziergang der Bünz entlang zwischen Anglikon und Wohlen. Das macht sie oft, die Spaziergänge tun ihr gut, helfen, den Kopf durchzulüften. Doch an diesem 11. September wird sie auf dem Spaziergang Opfer eines brutalen Verbrechens.

Sie begegnet einem Asylbewerber aus Eritrea, der versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Das gelingt nicht, denn die junge Frau möchte nicht mit dem fremden Mann sprechen, der zudem kaum ein Wort deutsch kann. Der Eritreer, er ist 19-jährig und damit gleich alt wie die junge Frau, lässt sich aber nicht abweisen. Er wird zudringlich, drückt die Frau auf eine Sitzbank am Wegrand. Die Frau wehrt sich, tritt dem Eritreer auf die Füsse, beginnt zu weinen und zu schreien; der Mann lässt sich aber nicht abhalten, schleppt die Frau hinter die Bank, versucht, ihr die Hose auszuziehen und öffnet seine Hose.

Die weiteren Details des Verbrechens kann man sich an dieser Stelle ersparen. Nur so viel: Es blieb bei der versuchten Vergewaltigung, weil sich die Frau heftig wehrte und im letzten Moment sich zwei andere Asylbewerber näherten, worauf der Täter von der Frau abliess und floh. Er verbrachte die Nacht am Wohler Bahnhof; am andern Morgen liess er sich widerstandslos festnehmen.

Keine Zukunft

Vor dem Bezirksgericht Bremgarten sitzt ein schmächtiger Mann. Modische Jeans, Sneakers, weisse Trainerjacke mit den drei Streifen, kurze, krause Haare. Er starrt während der ganzen Verhandlung auf den Boden, versteht nicht, was gesagt wird; ein Dolmetscher versucht, ihm das Wichtigste zu übersetzen.

Die junge Frau verfolgt die Verhandlung hinter einem Paravent. Sie will ihren Peiniger weder sehen und schon gar nicht ihm begegnen.

Für das Gericht unter dem Vorsitz von Gerichtspräsident Raimond Corboz ist es keine besonders herausfordernde Verhandlung. Denn der Täter ist geständig, bestätigt alles, was ihm die Anklage vorwirft. Warum er die Frau, die ihm völlig unbekannt war, überwältigt hat und vergewaltigen wollte, kann er sich nicht schlüssig erklären. Der Alkohol sei wohl schuld, sagt er und fügt dann später an, ein Teufel habe ihn getrieben.

Am Verhandlungstag sind es genau zwei Jahre, seit der Eritreer als 18-Jähriger in die Schweiz gekommen ist und ein Asylgesuch stellte. Er ist nicht vorbestraft. Der Betreuer in der Wohler Asylunterkunft stellte dem Eritreer ein gutes Zeugnis aus: Er sei nie negativ aufgefallen, habe sich an die Regeln gehalten und auch von übermässigem Alkoholkonsum sei nichts bekannt.

Wie er sich seine Zukunft vorstelle, fragte der Gerichtspräsident den Eritreer. Er habe keine Zukunft, sagte der junge Mann, den Blick weiterhin starr auf den Boden gerichtet. Vielleicht hätte er in der Schweiz eine Chance gehabt. Doch die habe er verspielt. Und seiner Familie in Eritrea dürfe er nie mehr unter die Augen treten. Diese Ächtung durch die eigene Familie fürchte er noch mehr als die Gefängnisstrafe, die ihn in der Schweiz erwarte.

Rücksichtsloses Vorgehen

Die Staatsanwältin hatte einen Schuldspruch wegen versuchter Vergewaltigung gefordert, verbunden mit einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren.

Die amtliche Verteidigerin stellte den Schuldspruch nicht infrage, sondern plädierte bloss für ein milderes Strafmass von 18 Monaten bei bedingtem Vollzug.

Das Gericht bestätigte den erwarteten Schuldspruch und verurteilte den Täter zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 38 Monaten; die 242 Tage, die er bereits im Gefängnis verbracht hat, werden ihm angerechnet. Der Täter habe keine Sekunde an das Opfer gedacht, sagte Corboz, er habe rücksichtlos gehandelt und nur seine eigene Befriedigung im Sinn gehabt.