Putin: Nichterweiterung der Nato hätte schriftlich fixiert werden müssen

 

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich im Gespräch mit dem US-Regisseur Oliver Stone, das als Film unter dem Namen „The Putin Interviews“ in vier Teilen vom TV-Sender Showtime ausgestrahlt wird, zur Nato geäußert. Ihm zufolge hätte die Vereinbarung über die Nichterweiterung der Allianz gen Osten schriftlich dokumentiert werden müssen.

 

 

„Als über die Vereinigung Deutschlands und den nachfolgenden Abzug der sowjetischen Truppen aus Osteuropa entschieden wurde, da sagten die Amtspersonen in den Vereinigten Staaten und ebenso der Nato-Generalsekretär, dass die Sowjetunion in einem überzeugt sein könne – die Ostgrenze der Nato werde nicht weiter vorgeschoben als bis an die Ostgrenze der Deutschen Demokratischen Republik“, erzählte der russische Staatschef.

Danach befragt, ob dieses Versprechen gebrochen worden sei, konkretisierte Putin, dass „es nicht auf Papier festgehalten worden war“. „Das war ein direkter Fehler gewesen, aber bereits von Seiten Gorbatschows. In der Politik muss alles fixiert werden, obwohl auch oft gegen fixierte Sachen verstoßen wird. Er aber hatte es einfach mündlich abgesprochen und gemeint, alles wäre damit geregelt. So ist es nicht“, ergänzte der russische Präsident.

Wie er ferner sagte, ließen die Nato-Länder nicht einmal den Gedanken zu, dass Russland das Recht auf eine eigene Stimme haben könne, darunter in der Nordatlantikallianz.

„Ich erinnere mich an eines unserer letzten Treffen mit Präsident Clinton, als er noch Präsident war. Er war nach Moskau gekommen, und in der Diskussion sagte ich: ‚Nun, vielleicht kann man die Variante erwägen, dass Russland der Nato beitritt.‘ Clinton erwiderte: „Na, was soll’s, ich habe nichts dagegen“, erzählte Putin, wobei er anmerkte, dass die gesamte Delegation des amerikanischen Staatschefs „nach diesen Worten sehr nervös wurde“.

„Verstehen Sie, weshalb unsere Partner nervös wurden? Weil Russland, wenn es sich (der Nato) anschließen wird, stets eine eigene Stimme haben wird. Wir werden es nicht erlauben, uns zu manipulieren. Aber unsere amerikanischen Freunde lassen nicht einmal einen Gedanken daran zu“, betonte Putin.

„Unsere Offenheit gegenüber den Partnern, darunter auch gegenüber den USA, nach dem Zerfall der Sowjetunion und nach dem Wechsel des politischen Systems war so groß, dass sie sich auch auf unsere Nuklearstreitkräfte erstreckte. Wir hatten praktisch keinerlei Geheimnisse mehr.“

Wie Putin erzählte, saßen die amerikanischen Experten „in einem unserer größten und bedeutendsten Betriebe, die Elemente für Kernwaffen herstellen. Wir waren ohnehin recht offen, und für uns gab es bereits keine zusätzlichen Bedrohungen mehr“, ergänzte der russische Staatschef.

Über die Suche von Feinden und Vasallen

„Es gibt den Ostblock nicht mehr, auch nicht die Sowjetunion. Warum existiert die Nato da noch? Ich habe den Eindruck, dass die Nato zur Rechtfertigung ihrer eigenen Existenz einen äußeren Feind braucht, dass dieser Feind ständig gesucht wird, oder dass provokative Handlungen unternommen werden, um jemanden als solchen Feind zu nennen“, sagte Putin.

Heute sei die Nato „ein außenpolitisches Instrument der USA, in dem es keine Bündnispartner, sondern nur ihre Vasallen gibt“. Sobald ein Land Nato-Mitglied werde, könne es sehr schwer dem Druck seitens eines solch großen und führenden Landes der Allianz, wie es die USA sind, widerstehen. „Und so kann dort leicht egal was auftauchen – ein Raketenabwehrsystem, neue Stützpunkte und notfalls auch neue offensive Waffenkomplexe“, warnte das russische Staatsoberhaupt.

Putin stellte daraufhin die Frage, was diesbezüglich zu tun sei. „Wir müssen in diesem Zusammenhang Gegenmaßnahmen treffen. Das heißt, mit unseren Raketensystemen jene Objekte ins Visier nehmen, die uns unserer Meinung nach zu bedrohen beginnen“, erläuterte er.

„Warum reagieren wir so scharf auf die Nato-Erweiterung? Im Prinzip verstehen wir den Wert oder das Fehlen der Werte der Nato und die für uns von dieser Organisation selbst ausgehende Gefahr. Aber was beunruhigt uns? Uns beunruhigt die Praxis des Treffens von Entscheidungen (in der Allianz – Anm. d. Red.)“, so Russlands Staatschef.

„Ich weiß, wie sie getroffen werden“, schloss Putin.

Beim Nato-Gipfel in Warschau im vergangenen Jahr war Russland erstmals seit 1989 als eine Hauptbedrohung für die Sicherheit der Allianz genannt worden.

 

Quelle: Sputnik