Gedanken zur Selbstinszenierung der Leitmedien: Medienpropaganda für Propagandamedien

 

 

Von Marcus Klöckner

 

Wenn die Berichterstattung großer Medien nicht mit der Wirklichkeit mithalten kann, rücken Imagefilme in den Vordergrund, die versuchen, die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu überbrücken.

Wenn Frank Plasberg mit bedeutungsschwangerem Gesichtsausdruck in einem kurzen ARD-Imagevideo meint, „Sie [Informationen] bestehen selten nur aus 140 Zeichen“, Ingo Zamperoni davon spricht, dass „zuverlässige Informationen wichtig sind“, und Anne Will in die Kamera sagt, „Informationen brauchen Einordnung“, dann wird deutlich: Wieder einmal versuchen die großen Medien die Rolle der legitimen Wirklichkeitsdeuter zu beanspruchen.

Die Aussagen stammen aus einem neuen ARD-Imagevideo, das gerade Abend für Abend im Ersten zu sehen ist und das darauf verweist, wie ARD, aber auch anderen Leitmedien, von den Mediennutzern wahrgenommen werden möchten:

 

Das nach außen kommunizierte Selbstbild dieser Medien kommt einem Porträt gleich, das ganz auf den Schein des Plakativen setzt: Qualität, Kompetenz, Durchblick, Glaubwürdigkeit – das sind die tragenden Säulen, die in den Vordergrund gerückt werden. Der Gedanke ist: Einem Fernsehsender bzw. einer Medienlandschaft, die auf solch großen, mächtigen Säulen (sicher) steht, muss ein Rezipient einfach sein Vertrauen schenken.

Diese Selbstinszenierung der großen Medien fällt immer wieder auf.

In einem TV-Spot aus dem Jahr 2013, mit dessen Hilfe ARD und ZDF gemeinsam mit ihren Frontfiguren aus den Nachrichten- und Talkshow-Formaten dem Publikum versucht haben, den Rundfunkbeitrag schmackhaft zu machen, wurde ähnlich vorgegangen.

So hieß es etwa in dem 30-sekündigen Video, das am „20. Januar 2013 um 20.15 Uhr zeitgleich bei nahezu sämtlichen öffentlich-rechtlichen Sendern“ zu sehen war und fast 18 Millionen Menschen erreichte:

„Wir sind umfassende Information“ (Claus Kleber), „Wir sind präzise Nachrichten“ (Petra Gerster) und „Eine eigene Meinung kann man sich nur bilden» (Petra Gerster), „wenn man auch die Fakten kennt“ (Susanne Daubner).

Die Tageszeitung Die Welt warb über viele Jahre mit dem Slogan: „Wer die Welt verstehen will, der muss sie lesen“ und Der Spiegel ersetzte im vergangenen Jahr seinen alten Claim „(„Spiegel Leser wissen mehr“) durch einen Neuen: „Keine Angst vor der Wahrheit“ und knüpft damit an ein altes Zitat von Spiegel-Gründer Rudolf Augstein an („Sagen, was ist“).

Die hier beispielhaft angeführten Aussagen und Slogans lassen erahnen, warum die großen Medien so nervös auf alternative Medien reagieren.

Viele neue journalistische Formate liefern einen Journalismus, der inhaltlich dem der „Mainstreammedien“ entgegensteht.

Indem alternative Medien eigene Beschreibungen der Wirklichkeit anbieten, zielen sie auf die tragenden Säulen der großen Medien.

Renommierte Fernsehsender, Zeitungen und Magazine stellen fest, dass ihr Selbstbild, wie sie es in ihrer Eigenwerbung darstellen, und das von den Idealen journalistischer Arbeit kündet, mehr und mehr Schaden nimmt, weil eine Vielzahl von alternativen Veröffentlichungen die Qualität der großen Medien massiv in Frage stellt.

Einer der zentralen Kampfplätze zwischen Mainstreammedien und alternativen Medien ist daher der der Glaubwürdigkeit. Wer es schafft, glaubwürdig zu berichten, wer es schafft, einen glaubwürdigen Journalismus zu liefern, wird auch Vertrauen genießen. Hier setzen die angesprochenen Kampagnen an. Sie sind der Versuch, den Mediennutzern zu vermitteln, welch alles überragende Qualität ihnen doch die Leitmedien bieten.

Diese Eigenwerbung ist sicherlich legitim.

Aber: Die auf Hochglanz polierten Imagefilme stehen oftmals in einem so krassen Gegensatz im Vergleich zur Realität der gebotenen journalistischen Darbietung, dass sie auf einen kritischen Zuschauer wie ein Kontrastmittel wirken, das genau das Gegenteil dessen bewirkt, was die Imagefilme zu erreichen versuchen.

Während die Spots die Fantasiewelt einer Werbewirklichkeit bedienen, in der von einem pluralistischen und kritischen Journalismus die Rede ist, zeigt eine kritische Alltagsempirie im Hinblick auf die beworbenen Medien eine Wirklichkeit, die leider zu oft das genaue Gegenteil dessen ist, was die Werbefilme zu suggerieren versuchen.

Bereits ein Blick auf die Gästeliste der großen politischen Talkshows zeigt eines der vielen grundlegenden Probleme, weshalb die großen Medien in der Kritik stehen.

 

Quelle: Rubikon