Übergriffe auf Homosexuelle häufen sich in Schöneberg

Der Schöneberger Nordkiez rund um die Motzstraße ist ein beliebter Ort bei Homosexuellen in Berlin — aber auch ein kriminalitätsbelasteter Ort. Recherchen des rbb zeigen nun, dass viele Raubüberfälle offenbar von rumänischen Strichern begangen werden.

Von Sabrina Wendling

Eigentlich ist es ja ganz friedlich in der Motzstraße in Nord-Schöneberg, zumindest tagsüber. Aber sobald es dämmert, ändert sich das. Der homosexuelle Melvin Langer hat das erlebt. «In dem Moment, an dem die Leute an mir vorbeigingen, hatte ich schon einen Tritt abbekommen», erzählt er. Zudem habe er ein Messer auf dem Rücken gespürt. «Dann bin ich in Bewusstlosigkeit gefallen, und danach fehlten meine Sachen natürlich. Der Rucksack, der iPod, mein Geld, alles war weg.»

Melvin Langer passt seitdem genau auf, wo er abends lang läuft. Und auch sein Bekannter Ron Stier meidet bestimmte Straßen im Nollendorfkiez. «Ich muss nicht durch die ganzen Seitenstraßen gehen, ich muss es nicht forcieren. Das ist so eine Art Sicherheitsbedürfnis.»

«Wahnsinn, was hier an Handys gestohlen wird»

Fast alle Männer erzählen, dass der Spielplatz an der Ecke Eisenacher Straße / Fuggerstraße einer der Brennpunkte ist. Auch Paula ist hier anzutreffen, eine Transsexuelle, die in einigen Kiezkneipen gearbeitet hat. Sie sagt, sie kenne die Täter, es seien Stricher aus Rumänien, Bulgarien und der Türkei. «Die sind hier in Cliquen, lauern, sprechen sich ab, und dann wird der Beutezug verrichtet.» Dabei würden auch Freier bestohlen, zudem wisse sie von sehr vielen Handydiebstählen. «Wahnsinn, was hier an Handys gestohlen wird», sagt sie.

Die Serie von Raubüberfällen lässt sich auch mit Zahlen belegen. Das Schwule-Anti-Gewalt-Projekt Maneo hat allein im letzten Jahr 659 Hinweise auf Gewalttaten gezählt. Ein Viertel davon in Schöneberg. Der Kiez rund um den Nollendorfplatz gilt bei der Polizei als einer der kriminalitätsbelasteten Orte. Schriftlich teilt die Polizei dem rbb dazu mit: «Besucher des Regenbogenkiezes sind nicht selten alkoholisiert und damit ein leichteres Opfer. Auch werden vorherige Anbahnungsgespräche mit der Inaussichtstellung sexueller Kontakte («Stricherszene») für Tathandlungen genutzt.»

Viele Gewaltvorfälle würden nicht angezeigt

Herbert Reuter hat genau das erlebt. Auch er wurde auf diese Art ausgeraubt. «Die haben beobachtet, wo ich herkam. Ich kam vom Kiez, und dann ist man natürlich ein leichtes Opfer für die Herrschaften, die einen brav ansprechen, und sagen: «Ach was sind Sie nett — und schon ist es passiert.»

Die Polizei setzt auf Präsenz im Kiez. Fährt Streife und berät Betreiber von Szenelokalen. Und doch: Gewaltvorfälle werden häufig gar nicht angezeigt. Klaus Rauschning, auch er Opfer eines Überfalls im Kiez, sieht das mit Sorge: «Die Polizei hat das Problem, dass sie nicht genügend Anzeigen bekommt. Weil viele Leute einfach noch ein bisschen verschwiegen sind, Angst haben, geoutet zu werden als homosexuell. Wichtig ist, dass die Polizei irgendwann mitkriegt, wie viele Straftaten hier wirklich passieren», sagt Rauschning.

Eines haben all diese Opfer von Straftaten gemeinsam: Sie wollen, dass der Nollendorfkiez ihr Kiez bleibt. Und sind wild entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen.

 

 

Quelle: rbb.24

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