Zwischen den Präsidenten Russlands und der USA, Wladimir Putin und Donald Trump, hat die Chemie bei ihrem ersten Treffen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg gestimmt. Aber Alexander Rahr, Programmdirektor des Deutsch-Russischen Forums hat auch bemerkt, dass Putin besser vorbereitet war als sein amerikanischer Amtskollege.
Treffen amerikanischer und russischer Präsidenten seien ja keine Routine, so Rahr im Interview mit Sputnik-Korrespondent Nikolaj Jolkin. „Fast jedes zweite oder dritte Treffen der Staatsmänner, egal wie die Personen hießen, wurde letztendlich dann historisch genannt. Man kann sich daran erinnern, wie schwer es 1960 war, Chruschtschow und Kennedy zusammenzubringen. Auch damals wurde auf beiden Seiten viel spekuliert, wer denn den anderen über den Tisch ziehen wird.“
Der Russlandexperte, erinnert sich, dass auch das Verhältnis zwischen Reagan und Gorbatschow zuerst sehr schwierig war.
„Reagan begann damals einen Krieg der Sterne zu führen, aufzurüsten, die Sowjets totzurüsten. Und Gorbatschow hat es damals verstanden, eine neue Entspannungspolitik mit Amerika einzuleiten. Beide haben damals gesichtswahrend operiert und sich gegenseitig unterstützend praktisch den Kalten Krieg beendet.“
Rahr hofft und wünscht sich — wie wahrscheinlich die Mehrheit der Menschen in Europa, Amerika und Russland —, dass dieses Treffen zwischen Trump und Putin vielleicht der Anfang eines Endes auch dieses zweiten Mini-Kalter Kriegs sein könnte.
Waffenruhe in Südwest-Syrien als erster Schritt zu Frieden
Die Situation in Syrien sei undurchsichtig und brandgefährlich, kommentiert der Experte die erzielte Vereinbarung. „Die Großmächte haben verschiedene Ansichten über das, was in Syrien in Zukunft passieren soll und wie das Land stabilisiert werden kann. Das Erreichte ist aber nur der erste Schritt zu einer gemeinsamen Position. Natürlich müssen jetzt die Türken, die Iraner und andere Mächte, die in den Syrien-Konflikt involviert sind, überzeugt werden, die Waffenruhe auch mitzutragen und vor allen Dingen auch die einzelnen Rebellengruppen und Assad. Wenn das gelingt, dann zeigt sich, dass Amerika und Russland tatsächlich die beiden Weltmächte sind, die in dieser Region Frieden schaffen können.“
Und weiter: „Die Schaffung solcher Sicherheitszonen ist vom Kosovo-Konflikt abgeschaut worden. In dem damaligen Jugoslawien-Konflikt wurden Zonen geschaffen, in denen unterschiedliche Länder die Kontrolle hatten.“ Der Politologe sieht darin aber auch eine Gefahr der Aufteilung Syriens, was Russland und Amerika nicht wollten. „Nun haben wir eine klare Aussage, dass man jetzt versuchen will, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln. Und das ist zu begrüßen.“
Kommunikationskanal zur Ukraine-Krise
Trump zeige auch deutlich Interesse an Osteuropa. „In Polen hat er die Position der Mittel- und Osteuropäer, was die Stärkung der Nato angeht, unterstützt. Dabei hat er Russland nicht scharf kritisiert, was die westlichen Medien So gern gesehen hätten. Auch einen Gaskrieg mit Russland im Kampf um die Energiemärkte möchte er nicht anfangen, obwohl Mainstreammedien das Gegenteil behaupten. Davon haben wir von Trump in Polen nichts gehört.“
Der Experte ist sich sicher, dass Trump sich langsam an Westeuropa, mit dem er im Clinch liege, herantaste, weil dort die Umweltproblematik sehr hoch angehängt sei, und „Merkel und Macron von ihm verlangen, dass er die Umweltpolitik der Westeuropäer auch mitträgt, was Trump nicht tun möchte.“
Aber einen Streit mit den Osteuropäern gebe es noch — um die Handelspolitik, fährt Rahr fort, und Trump werde sich schnell vertragen und eventuell auch neue Akzente in der Zusammenarbeit mit diesen Ländern setzen, auch wirtschaftlicher Art. Die Ukraine sei zwar ein Teil des postsowjetischen Raums, liege aber in Osteuropa. Der Konflikt in der Ostukraine verhindere einen Beitritt der Ukraine zur Nato, was aus seiner Sicht niemals passieren werde. Aber hier könne durchaus etwas Positives in Bewegung kommen, urteilt Rahr. „Das Minsker Format wird nicht umgesetzt, weil Kiew dem Donbass keine Autonomie zugestehen möchte, was aber in den Vereinbarungen von Minsk vorgesehen ist. Und stillschweigend schauen die Ukrainer immer auf Washington und erwarten von dort ein Signal.“
Nun müsse Washington sagen, so der Europaexperte weiter, „wir wollen auch, dass Minsk umgesetzt wird, dann hat Poroschenko keinen Anlass mehr, die Minsker Abkommen zu torpedieren. Wenn Amerika jetzt eine Schlüsselrolle in der Ukraine-Krise übernimmt, was ich immer noch nicht sehe, aber vielleicht ist darüber gesprochen worden, dann kann man in der Tat bei gemeinsamer diplomatischer Regelung hier auch zu einer neuen Sichtweise auf die Zukunft der europäischen Sicherheitspolitik gelangen. Sie wird dann von Amerika abhängen und nicht von Deutschland und Frankreich.“
Natürlich solle die Nato-Osterweiterung für die nächsten hundert Jahre gestoppt werden, damit sich Russland nicht mehr bedroht fühle, äußert der Politologe. „Russland gibt dann seinerseits die notwendigen Garantien an die mittel- und osteuropäischen Länder, an Nato-Länder, dass von Moskau keine Gefahr ausgeht. Vielleicht kriegt man das in Moskau und Washington auf diese Art und Weise hin, dass die gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur korrigiert und sogar repariert wird.“
Quelle: Sputnik