
Solches Material könne sie nicht vorweisen, sagt Weselnizkaja im Interview mit NBC News. Um den Vorwürfe zu begegnen, hat Trump jr. am Dienstag den E-Mail-Wechsel mit dem Publizisten Rob Goldstone veröffentlicht. Dort ist die Rede von «hochrangigem und sensiblem» Material aus den Händen der russischen Regierung über die Trump-Kontrahentin Hillary Clinton, das als «Teil der Unterstützung Russlands und seiner Regierung für Mr Trump» zu verstehen sei.
Demokraten sowie US-Geheimdienste wollen dies als klares Indiz für die sagenumwobene russische Einflussnahme auf den Wahlkampf Trumps sehen. Natalia Weselnizkaja steht nun im Zentrum dieses Skandals. Die Frage ist, ob sie eine einflussreiche Kreml-Agentin oder eine durchschnittliche Juristin ist.
Die 42-jährige Moskauer Anwältin hat im Jahr 1998 die Staatliche Juristische Kutafin-Universität abgeschlossen und anschließend bei der Staatsanwaltschaft im Moskauer Umland ihre erste Stelle angetreten. Zurzeit ist sie bei der Firma Kamerton Consulting tätig. Diskutiert wird jetzt, was für ein Thema Weselnizkaja ins Weiße Haus geführt haben könnte.
Donald Trump Jr. erklärte inzwischen mehrmals, man habe über die Adoption russischer Waisenkinder und das Magnitski-Gesetz sprechen wollen. Wie die Anwältin selbst erklärt, dass der Fall Magnitski zu „ihrer Lebensaufgabe“ geworden sei. Seit Monaten macht sie eine PR-Kampagne mit dem Ziel, das Magnitski-Gesetz zu beenden.
Im Jahr 2012 hatte der US-Kongress das in Russland heftig umstrittene Magnitski-Gesetz verabschiedet. Das Gesetz geht zurück auf den Fall des Anwalts Sergej Magnitski, der im Jahr 2009 in russischer Haft starb. Es enthält Sanktionen gegen russische Beamte und Geschäftsleute, die mit dem Fall in Verbindung stehen sollen, darunter auch Weselnizkajas Klient Kazyw Junior. Moskau hatte damals auf das Gesetz reagiert, indem es US-Bürgern die Adoption russischer Kinder verbot.
Beide Seiten, Weselnizkaja und Trump Junior, bestehen darauf, dass keinerlei belastende politische Informationen ausgetauscht wurden. Das Trump-Team habe keinerlei Interesse an dem Fall Magnitski gezeigt, so Weselnizkaja. „Es waren im wahrsten Sinne des Wortes vergeudete zwanzig Minuten“, beschreibt Trump Jr. das Treffen. Jedoch werfen die US-Medien Weselnizkaja vor, dass sie als Anwältin der russischen Regierung den Wahlkampf in den USA beeinflussen wollte. Sowohl die Juristin selbst als auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow haben direkte Verbindungen Weselnizkajas zum Kreml bestritten.
Auf den ersten Blick scheint die Situation klar: Ein exzentrischer Publizist redet über angeblich inkriminierendes Material aus hochrangigen Quellen. Klar ist, dass Natalia Weselnizkaja sich mit der Abschaffung des Magnitski-Gesetzes beschäftigt. Ebenfalls ist sicher, dass Donald Trump Jr. die Wahlkampagne seines Vaters so leitete, wie er es für angemessen hielt – mit oder ohne Belastungsmaterial gegen die politischen Opponenten.
Ein Zusammenhang zwischen diesen drei Linien mag schwer nachvollziehbar sein. Wahrscheinlich wird ein weiterer Versuch scheitern, einen russischen Eingriff in den US-Wahlkampf zu beweisen. Aber wo es keine realen Spuren gibt, denkt man sie sich aus. So haben die Journalisten zwar den Nachweis einer „gewissen Verbindung zu russischen Regierungskreisen“ gefunden, wie das Magazin Der Stern glaubt. Weselnizkaja war immerhin mit dem stellvertretenden Transportminister der Region Moskau verheiratet. Ob diese Tatsache eine Verbindung zwischen den Vertrauten des US-Präsidenten und dem Kreml belegen kann, ist eher zweifelhaft.
Quelle: RT