Die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU kommt nicht voran. SPD-Chef Martin Schulz will das Thema mit der EU-Haushaltsplanung verknüpfen und finanziellen Druck auf die Staaten ausüben, die zu wenig Flüchtlinge aufnehmen. Vorausgesetzt er wird im Herbst Kanzler.
Wer als EU-Staat die Aufnahme von Flüchtlingen verweigert, soll nach dem Willen des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz finanzielle Nachteile zu spüren bekommen. Das geht aus einem Grundsatzpapier vor, das Schulz am Sonntag in Berlin vorstellen wird und das der Deutschen Presse-Agentur in Auszügen vorliegt. Nach der Wahl will die SPD demnach auf EU-Ebene aushandeln, dass Mitgliedsstaaten bei der Verteilung von EU-Geldern schlechter gestellt werden, wenn sie sich nicht an der Flüchtlingsaufnahme beteiligen. Staaten, die vielen Asylsuchenden Schutz bieten, sollen dagegen zusätzliche finanzielle Unterstützung bekommen.
Die Verteilung von Flüchtlingen in Europa sorgt seit Jahren für heftige Auseinandersetzungen in der Staatengemeinschaft. Mehrere Mitgliedsländer missachten EU-Beschlüsse dazu und nahmen bislang keine oder nur wenige Flüchtlinge auf. Der Streit beschäftigt inzwischen den Europäischen Gerichtshof. Auf EU-Ebene steht bald die Finanzplanung für die Jahre ab 2021 an. Die Verhandlungen dürften kommendes Jahr beginnen. Schulz will die Finanzplanung – wenn er denn im Herbst Kanzler würde – als Druckhebel im Flüchtlingsstreit benutzen.
In seinem Grundsatzpapier heißt es: „Wir werden im Zuge der nächsten europäischen Haushaltsplanung die Finanzplanung als Solidaritätspakt formulieren.“ Darin müsse klar geregelt sein, „dass Länder, die Solidarität in wichtigen Fragen verweigern, finanzielle Nachteile in Kauf nehmen müssen und nicht mehr mit der vollen Solidarität Deutschlands und der anderen Staaten rechnen können“. Und weiter:
Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wer kategorisch die Aufnahme von Flüchtlingen verweigert oder Steuerdumping und einen ruinösen Steuerwettbewerb betreibt, verhält sich unsolidarisch.
Finanzielle Anreize für Länder, die viele Flüchtlinge aufnehmen
Europa brauche einen Mechanismus, der bei der akuten Überlastung eines Landes einen Transfer von Flüchtlingen in ein anderes EU-Land ermögliche. Staaten, die ihrer Pflicht nachkommen, sollen nach dem Willen der SPD finanzielle Hilfe bekommen.
Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen, sollen Unterstützung erhalten, zum Beispiel für den Aufbau von Gemeindeeinrichtungen, Schulen oder für die medizinische Versorgung“, heißt es dazu im Schulz-Papier.
SPD-Generalsekretär Hubertus Heil mahnte, die EU brauche dringend eine gemeinsame Antwort auf die sich abzeichnende humanitäre Katastrophe. „Sonst steht Europa vor einer riesigen Zerreißprobe“. Es drohe ein weiterer Zerfall der EU. Die aktuelle Lage in Italien zeige deutlich, dass die Flüchtlingskrise nicht vorbei sei. „Europa darf Italien in dieser Frage nicht alleine lassen“, betonte er.
Soldaten an europäischen Binnengrenzen mit aufgepflanzten Bajonetten am Brenner – das kann nicht die Antwort auf diese Krise sein.
Nötig seien eine faire Verteilung von Flüchtlingen in ganz Europa und eine gemeinsame Afrika-Strategie. Es gehe um einen „solidarischen Flüchtlingspakt“, sagte der SPD-Politiker. „Europa ist in Sachen Solidarität in der Flüchtlingsfrage keine Einbahnstraßen-Veranstaltung.“ Heil räumte ein, in früheren Jahren habe sich auch Deutschland „nicht gerade mit Ruhm bekleckert“: „Als damals viele Flüchtlinge in Griechenland und Italien waren, hat unsere Gesellschaft diese Frage zu sehr ausgeblendet.“
Quelle: RT