Das US-Repräsentantenhaus hat am Dienstag mit überwiegender Mehrheit einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Russland-Sanktionen verschärft und die Vollmachten von US-Präsident Donald Trump zu ihrer Lockerung einschränkt. Das Dokument wird fast sicher vom US-Senat gebilligt, schreibt die „Rossijskaja Gaseta“ am Mittwoch.
Wie es im Weißen Haus heißt, unterstützt Trump scharfe Sanktionen gegen Russland, analysiert jedoch noch das Dokument. Allerdings spielt es keine besondere Rolle, ob Trump das Dokument gefällt oder nicht, wenn es von beiden Parlamentskammern eindeutig unterstützt wird. Es wird mühelos die Barriere von zwei Dritteln der Stimmen überwinden, falls der US-Präsident sein Veto einlegt.
Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs über die Erweiterung der antirussischen Sanktionen ist nur noch eine Frage der Zeit. Was will Washington Russland damit sagen?
Eine einstimmige Billigung des Dokumentes ist ein Misstrauensvotum der Kongressmitglieder gegenüber der Russland-Politik von Donald Trump – sowohl der mit ihm verbündeten Republikaner als auch der oppositionellen Demokraten. Beide kritisierten Trump wegen seines Verzichts, die dominierende Haltung anzunehmen, dass Moskau an den Cyberangriffen auf den US-Wahlkampf 2016 beteiligt gewesen sei. Trump zufolge „konnte es Russland oder auch jemand anders gewesen sein“. Zusammen mit den Wahlversprechen, mit Russland gute Beziehungen aufzubauen, führte dies dazu, dass die Kongressmitglieder sich sicher waren, dass Trump Moskau nicht die Stirn bieten wird.
Eine Antwort ist dieser Gesetzentwurf, der langfristig Sanktionen gegen Russland festigen wird – einen der bedeutendsten Reizfaktoren in den bilateralen Beziehungen, der die ersten Versuche der neuen Administration belasten kann, den Dialog mit Moskau wiederzubeleben.
Während des Wahlkampfes deutete Trump mehrmals darauf hin, die Sanktionen im Falle der Wiederaufnahme eines gegenseitig vorteilhaften Dialogs zu lockern. Wie die Sprecherin des Weißen Hauses vor kurzem berichtete, weigert sich Trump bis heute, die Schlussfolgerungen der US-Geheimdienste über die angebliche Einmischung Russlands in die US-Wahlen zu akzeptieren.
Vor diesem Hintergrund wirken Trumps Aussagen, dass er harte Sanktionen gegen Russland unterstützt, irgendwie gequält. Es sieht so aus, dass der Präsident zwar Maßnahmen gegen Russland unterstützt, jedoch einen der Hauptgründe ihrer Einführung ablehnt. Ein Irrsinn – Strafe ohne Verbrechen. Zudem wagte die neue US-Administration bislang kein einziges Mal eine Initiative zu neuen Sanktionen gegen Russland, der Gesetzentwurf wurde ausschließlich im Kongress entwickelt.
Die Verschärfung der Rhetorik ist in der Tat ein eindeutiges Zugeständnis Trumps an das politische Establishment. Falls Trump das Dokument unterzeichnet, wird es ein eindeutiges Signal sein, dass er dem starken antirussischen Strom in Washington keinen Widerstand leisten kann. Der Kongress will die Russland-Politik in seine Hände nehmen und die Handlungen des Weißen Hauses kontrollieren. Das verwischt die Außenpolitik der neuen Administration, deren Konturen ohnehin nicht eindeutig waren, noch mehr.
In dieser Situation stellen sich wichtige Fragen für Moskau. Soll man sich noch lange nach der Wahlkampfrhetorik bzw. jetzigen Rhetorik Trumps richten, falls die Russland-Politik nicht von ihm bestimmt wird? Kann der US-Präsident Moskau unter solchen Bedingungen etwas anbieten? Inwieweit können Vereinbarungen stabil sein, wenn die Eliten ihn zum Kurswechsel zwingen können?
Russland und die USA führten in der letzten Zeit auf Ebene der stellvertretenden Außenminister einen Dialog zu mehreren Reizfaktoren, darunter der Rückgabe des in den USA beschlagnahmten russischen Eigentums. Im Falle der Unterzeichnung dieses Gesetzentwurfs wird es fast keinen Sinn mehr haben, mit der US-Administration über dieses Thema zu sprechen. Ohne Genehmigung des Kongresses kann sie nichts tun. Angesichts der in Washington dominierenden antirussischen Stimmungen kann man in absehbarer Zukunft nicht mit der Zustimmung der Gesetzgeber rechnen, die Sanktionen gegen Russland zu mildern.
Quelle: Sputnik