Tschechiens Botschafter in der Ukraine, Radek Matula, hat in einem Interview mit der Kiewer Zeitung „Europäische Wahrheit“ über mögliche Waffenlieferungen an die Streitkräfte der Ukraine gesprochen. Dabei zählte der Diplomat das gesamte Spektrum der in Tschechien hergestellten Waffen auf, darunter auch Offensivwaffen.
Bislang habe sich Prag an das gesamteuropäische Prinzip gehalten, keine Waffen an kriegsgebeutelte Länder zu liefern, wenn diese unberechenbar seien und in gefährlicher Nähe von Westeuropa lägen, schreibt das Portal „Swobodnaja Pressa“.
Anlass für die Entscheidung Tschechiens seien zwei Umstände gewesen, die eindeutig nicht mit der Erhöhung der gesamteuropäischen Sicherheit verbunden sind. Erstens sei Tschechien von Washington unter Druck gesetzt worden, weil die USA nicht als einziger Staat der Welt tödliche Waffen an die Ukraine liefern wollen.
Die Lieferungen haben zwar noch nicht begonnen, doch das ist nur die Frage der Zeit. Zweitens kann Tschechien mit solchen Lieferungen gut verdienen.
Laut Matula ist das gesamteuropäische Embargo kein großes Problem. Prag wolle das Verfahren der Ausstellung von Verkaufslizenzen vereinfachen. Zudem sei in Tschechien die Produktion von Flugzeug- und Panzerwagentechnik, Handfeuerwaffen und Munition gut entwickelt.
Was könnte Prag Kiew anbieten? Und hat Kiew genug Geld?
Die teursten Waffen werden von der tschechischen Flugzeugindustrie hergestellt, deren Spitzenreiter das Unternehmen Aero Vodochody ist. Sein Hauptprodukt ist das leichte Mehrzweck-Erdkampfflugzeug Aero L-159 ALCA. Der Irak kaufte vier Maschinen und zahlte zwölf Millionen Dollar pro Stück.
Mit der maximalen Startmasse von nur acht Tonnen ist die Aero L-159 ALCA relativ klein. Dementsprechend ist auch die Kampflast nicht sehr groß: 2340 Kilogramm. Das Flugzeug ist mit vier US-Luft-Luft-Raketen AIM-9, vier Luft-Boden-Raketen AGM-65, zwei 20mm-Zwillingkanonen ausgerüstet. Es kann auch Freifallbomben sowie unlenkbare Raketen einsetzen. Die Reichweite beträgt bei Vollbelastung 800 Kilometer.
Die Ukraine preise ihren Panzer „Oplot“ als einen der besten der Welt an, schreibt das Portal weiter. Doch es handelt sich lediglich um eine nicht sehr erfolgreiche Modifikation des sowjetischen Panzers T-80, den die russischen Konstrukteure seinerzeit als aussichtslos aufgegeben hatten.
Die tschechische Panzerindustrie ging mit dem Sowjeterbe weiser und professioneller um. Mitte der 2000er-Jahre übernahm ein Konsortium aus den Unternehmen VOP025, VOP100 und Synthesia die Modernisierung des sowjetischen T-72-Panzers.
Im Ergebnis entstand der T-72M4CZ, der dem ukrainischen Oplot-Panzer technisch deutlich überlegen ist. Auch wenn die Tschechen ihre T-72M4CZ nicht verkaufen wollen, könnte die tschechische Industrie auch die ukrainischen T-72-Panzer modernisieren.
Das Panzerfahrzeug Tatrapan ist eine neue Entwicklung der tschechischen und slowakischen Konstrukteure. Bislang werden die Fahrzeuge in kleineren Parteien hergestellt, doch sie haben ein großes Exportpotential. Deswegen wäre ein Einstieg in den ukrainischen Markt für die tschechischen Hersteller vielversprechend.
Eine weitere aussichtsreicher Bereich ist Funktechnik. Dabei handelt es sich in erster Linie um das Funkaufklärungssystem Vera-E mit einer Reichweite von 450 Kilometern. Die Anlage, die gleichzeitig bis 200 Ziele orten, erkennen und begleiten kann, ist auch in anderen Staaten populär: von den USA über Malaysia bis Vietnam. Der Preis liegt bei vier Millionen Dollar zuzüglich Wartungskosten und Ausbildung des Personals.
Handfeuerwaffen und Kleinkaliber-Artillerie gehören traditionell zu den Stärken der tschechischen Rüstungsindustrie. Marktführer Ceska zbrojovka bietet 9-mm-Pistolen CZ-G2000, Handmaschinengewehre CZ-2000, Scharfschützengewehre CZ-500 und CZ-700, Maschinengewehre Scorpion, Pistolen SZ-75,-85,-100, —110 an.
Quelle: Sputnik