Umbau von KZ-Gedenkstätte: Polen brüskiert Russland mit Ausladung

Russland darf sich an der Rekonstruktion der Gedenkstätte im polnischen Sobibor, wo sich während des Zweiten Weltkriegs ein NS-Vernichtungslager befand, nicht beteiligen, schreibt die Zeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Mittwoch.

Die Initiative zur Modernisierung der Gedenkstätte geht auf Polen, Israel, die Niederlande und die Slowakei im Jahr 2013 zurück. Russland wurde eingeladen, sich an dem Vorhaben zu beteiligen und nahm die Einladung auch an.

Das Nazi-Lager Sobibor lag rund 200 Kilometer südöstlich von Warschau und funktionierte zwischen Mai 1942 und Oktober 1943. Im Unterschied zu anderen NS-Konzentrationslagern wurde es absolut geheim gehalten, nicht zuletzt weil es ein „reines“ Vernichtungslager war. Die meisten Häftlinge wurden per Eisenbahn dorthin gebracht und direkt in Gaskammern geschickt. Laut jüngsten Angaben von Historikern wurden dort rund 170.000 Juden aus Polen und anderen von den Faschisten besetzten Ländern, darunter aus den Niederlanden, Frankreich, der damaligen Tschechoslowakei und Sowjetunion.

Eine Flucht aus Sobibor war so gut wie unvorstellbar. Das Lager war von vier Reihen mit einem drei Meter hohen Stacheldrahtzaun und Minenfeldern umgeben. Allerdings konnte der sowjetische Offizier Alexander Petscherski, der in Gefangenschaft geraten und in dieses Lager gebracht worden war, im Laufe von drei Wochen einen Aufstand samt Flucht organisieren. Dabei wurde er von 400 der insgesamt 550 Häftlinge unterstützt. 80 von ihnen wurden bei der Flucht getötet und weitere 270 später gefangen. Nach dem Krieg wurde das Lager abgerissen und in ein riesiges Ackerfeld verwandelt.

Nach dem Krieg war das Lager Sobibor in der Sowjetunion kaum bekannt, obwohl 1945 darüber in sowjetischen Medien geschrieben wurde. Auch Alexander Petscherski selbst, der nach seiner Flucht aus der Gefangenschaft in ein sowjetisches Strafbataillon geriet, erzählte seine Geschichte. Unter den möglichen Gründen dafür werden solche erwähnt wie der Umstand, dass viele geflüchtete Häftlinge polnischen Antisemiten zum Opfer gefallen waren, und es in den sozialistischen Zeiten quasi unangebracht war, dieses Thema aufzuwerfen, um die Beziehungen zwischen Moskau und Warschau nicht zu belasten.

Im vorigen Jahr besuchte der russische Kulturminister Wladimir Medinski Sobibor und versicherte, dass Moskau bereit sei, „an der Arbeit des Organisationskomitees teilzunehmen und die Errichtung des Memorials mitzufinanzieren“.

Jetzt wurde Russland aber eine Absage erteilt. Die Reaktion des Außenministeriums ließ nicht lange auf sich warten:

„Wir halten diese Entscheidung für unmoralisch aus der Sicht der historischen Wahrheit. (…) Die Ignoranz von historischen Fakten lässt sich nicht rational erklären und sollte von der Weltgemeinschaft nicht übersehen werden.“ Außerdem bezeichnete man das als „Teil des von Warschau in letzter Zeit demonstrierten Russlandhasses“ und „die Absicht der Polen, ihre Ansichten zur Geschichte anderen aufzuzwingen, indem sie versuchen, die Rolle der Sowjetunion und der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg kleinzureden“.

Warschaus Position ist im Grunde kaum überraschend, aber frappierend war bzw. ist „die Leichtigkeit, mit der unsere ausgefallenen Partner im Rahmen dieses Projekts aus den Niederlanden, der Slowakei und Israel ihre Position bezüglich der russischen Beteiligung daran verändert haben“, so die russische Diplomatie.

Quelle: Sputnik