Ein Dritter im Bundestag wäre von Nutzen

 

Laut Umfragen ist die Union einen Monat vor der Bundestagswahl eindeutig die stärkste politische Kraft in Deutschland, gefolgt von den Sozialdemokraten. Nun stellt sich die spannende Frage, wer die drittstärkste politische Kraft in Deutschland wird, schreibt die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ am Freitag.

Kanzlerin Angela Merkel und ihre Union kann mit rund 39 Prozent der Stimmen rechnen, gefolgt von der SPD. Allerdings gibt es noch vier Parteien, die den Sprung in den Bundestag schaffen wollen: Bündnis 90/Die Grünen und die Linke. Beide Parteien wollen wieder in den Bundestag einziehen. Die FDP will in den Bundestag zurückkehren. 2013 waren die Liberalen an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Auf Platz vier steht die AfD, die bislang nur in den Landtagen vertreten ist. Zwischen den Parteien gibt es kaum Gemeinsamkeiten. Der Wahlkampf dieser vier Parteien verspricht jedoch am meisten Spannung.
Bei den Umfragewerten sind diese vier Parteien mehr oder weniger auf Augenhöhe — von sieben Prozent bei den Grünen bis zu zehn Prozent bei der AfD. Die Linken und Liberalen liegen in der Mitte. Größere Schwankungen sind bei den vier Parteien nicht zu erkennen. Wer von diesen vier Parteien sich als drittstärkste Kraft im Parlament positionieren kann, ist die spannendste Frage im Wahlkampf.

Die Führungsriege der Grünen ist nervös – die Partei ist gespalten. Ein Teil will ausschließlich mit den Sozialdemokraten gemeinsame Sache machen. Die anderen setzen auf die Union und sind sogar auf die Teilnahme an eine Dreier-Koalition mit Merkels Partei und den Liberalen orientiert. Doch die Chancen erhöhen sich, wenn die Grünen als drittstärkste Kraft in den Bundestag gewählt werden. Dazu organisiert Grünen-Vizechefin Katrin Göring-Eckardt eine Art Untersuchung der „russischen Spur“ und fordert, dass Außenminister Sigmar Gabriel über das Abendessen bei Wladimir Putin im Juni berichtet, bei dem auch der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder zugegen war.

Die Liberalen machen die Migrationsfrage zum Wahlkampfthema. FDF-Chef Christian Lindner schlug vor, ein rechtliches Konzept zu verabschieden, das die Flüchtlingsaufnahme aus Konfliktregionen regelt. Bei einer Überlastung der Möglichkeiten sollen die Grenzen geschlossen werden können.
Während des Wahlkampfes sind auch außenpolitische Themen von Bedeutung. Die Grünen sind bekannt für ihre Russlandfeindlichkeit. Die anderen geben zu verstehen, dass sie auch die Stimmungen eines Teils der Wähler berücksichtigen, die die Normalisierung der russisch-deutschen Beziehungen anstreben. Die Linken, Liberalen und AfD lehnen Russland-Sanktionen ab.

Für mehr Realismus beim Umgang mit Russland tritt die AfD ein. AfD-Spitzenpolitiker Alexander Gauland sagte vor wenigen Tagen: „Es ist richtig, die Krim als Teil Russlands anzuerkennen. Die Krim kommt nie wieder zur Ukraine zurück. Die Sanktionen bringen nichts.“ Er fügte hinzu, Russland sei eine Macht in Europa und müsse in eine europäische Ordnung einbezogen werden.
Wegen dieser Position gilt die AfD als Außenseiter. Die SPD, FDP und die Linke gehen bei diesem Thema auf Distanz — aus Angst vor dem Verlust von Wählerstimmen. Vor allem die AfD geht in Opposition zur Politik Merkels. Viele Medien in Deutschland behaupten, dass die AfD die Interessen Russlands in Deutschland vertrete.

 

Quelle: Sputnik