Macron bringt Dialog mit Russland auf pragmatisches Level

 

Der französische Präsident Emmanuel Macron räumt zwar „absolute Kontroversen“ mit Russland ein, sieht aber auch aussichtsreiche Gebiete, auf denen Moskau und Paris erfolgreich zusammenarbeiten könnten, schreibt die Zeitung «Nesawissimaja Gaseta» am Freitag.

„Ich spreche mit allen – sehr direkt und offen“, sagte Macron in seinem jüngsten Interview für die Wochenschrift „Point“ auf eine Frage bezüglich der Kontakte zu seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin.

„Ich versuche, absolute Kontroversen, aber auch Berührungspunkte und Möglichkeiten zu finden, wie wir gemeinsame Wege gehen könnten. Bezüglich der Ukraine haben wir natürlich Widersprüche mit Wladimir Putin. Aber ich handle, und Frankreich wird nichts (Schlimmes) zulassen. Immerhin haben wir einen Dialog zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft eröffnet, den Trianon-Dialog“, äußerte Macron. Zu den Kooperationsbereichen zählte er auch den Klimawandel: „Seine (Putins) Position ist unserer Position ähnlich.“

Sehr wichtig ist Macron zufolge auch die Konfliktregelung in Syrien. „Diesbezüglich mache ich den Rücktritt Baschar al-Assads nicht mehr zur wichtigsten Bedingung. (…) Es gibt aber zwei ‚rote Linien‘: Chemiewaffen und humanitäre Abkommen. Wenn Wladimir Putin uns in diesen Fragen hilft, könnten wir Annäherungspunkte haben. So haben wir Fortschritte im Chemiewaffenbereich gemacht. Ich spüre, dass sich Russlands Position nach unserem Treffen (mit Putin) in Versailles verändert hat.“

Auf die Reporterfrage bezüglich der Ähnlichkeit seiner Ansichten mit den Ansichten des Ex-Präsidenten Giscard d’Estaing, der einst gesagt hatte, Frankreich sollte „eine mittlere Großmacht“ sein, erwiderte Macron, Frankreich sollte „einfach eine Großmacht werden“. „Das ist einfach notwendig. Sehen Sie einmal, in welchem Zustand sich die Welt befindet. (…) Die zahlreichen Strukturen, die die Weltgemeinschaft nach 1945 geschaffen hat, werden von einer Großmacht, und zwar von den USA infrage gestellt, deren Garant sie bislang war. Wir erleben eine Krise des Westens. (…) In den letzten zehn Jahren verlor der Westen einen Teil von sich selbst – wegen des verspäteten moralischen Interventionismus im Nahen bzw. Mittleren Osten sowie bezüglich Nordafrika. Dadurch konnten autoritäre Regimes aufsteigen – in Saudi-Arabien, der Türkei, in Russland, im Iran.“

Ferner zeigte sich Macron aber überzeugt, dass Frankreich nicht einsam sei. „Doch unsere Verantwortung ist beispiellos. Unsere besondere Verantwortung als Europäer besteht darin, die gemeinsamen Vorteile der Demokratie, des Friedens und des Klimas zu schützen. Frankreich sollte Europa erlauben, die Führungskraft der freien Welt zu werden.“ Dies wäre aber ohne wirtschaftliche und soziale Reformen kaum möglich, warnte der Staatschef.

„Das sollte im Rahmen Europas gemacht werden, und zwar sehr pragmatisch, denn es ist lebenswichtig, mit allen zu sprechen. Wir müssen diesen unbegründeten Neokonservatismus, der uns zwingt, uns in die Innenpolitik anderer einzumischen, ein Ende setzen. Denn in Libyen und Syrien hat das zu grausamen Misserfolgen geführt.“

Was die Nahost-Region angeht, so betonte Macron, dass der einzige Weg zur Regelung der Situation die Friedensförderung vor Ort wäre, die sich auf eine Balance zwischen verschiedenen Konfessionen stützen würde. „Das wäre ein genauso großes Problem wie der militärische Sieg gegen den Dschihadismus. Wenn wir keine allumfassenden politischen Lösungen in dieser Region finden, werden wir Bedingungen für die ständige Wiederbelebung des Terrorismus schaffen. Wir müssen die Kluft zwischen den Schiiten und Sunniten, diesen Bürgerkrieg in der muslimischen Welt überwinden, der zu uns exportiert wird und bei uns Terrorismus schafft.“

 

Quelle: Sputnik

 

 

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