Deutsche Politiker dürfen Bundeswehrsoldaten in Türkei besuchen — unter Nato-Obhut

 

Nach monatelangem Streit zwischen Berlin und Ankara sind Bundestagsabgeordnete zu dem Nato-Stützpunkt im türkischen Konya zugelassen worden. Der dreistündige Besuch erfolgt jedoch unter Leitung der Nato. Dies sorgt bei manchen deutschen Politikern nicht gerade für Begeisterung.

An der Art, wie die Abgeordneten empfangen werden, erkennt man den Zustand des deutsch-türkischen Verhältnisses. „Vor Jahren hätte eine Delegation von Bundestagsabgeordneten nach einem Besuch der Soldaten der Luftwaffe auf dem Nato-Militärflughafen am Rande Konyas sicherlich an einer Derwisch-Zeremonie teilgenommen und im Anschluss viel Positives über die Reise in die Türkei zu erzählen gehabt“, schreibt ARD-Korrespondent Oliver Mayer-Rüth am Freitag.

Heute sehe das aber ganz anders aus: Jetzt dürften sieben Abgeordneten die Bundeswehrsoldaten im AWACS-Einsatz „im Schlepptau der Nato-Vize-Generalsekretärin Rose Gottemöller“ treffen. Die Politiker würden den Soldaten die Hände schütteln und dann unter Nato-Obhut „das Weite suchen“.

Dass der Besuch überhaupt zustande gekommen sei, sei dem Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, zu verdanken. Berlin und Ankara hätten das ohne ihn wahrscheinlich nicht hingekriegt, so der Korrespondent.

Die Bundestagsabgeordneten wollten die Nato-Basis in Konya noch im vergangenen Juli besuchen, bekamen von Ankara aber eine Absage. Die Türkei verwies dabei auf den Zustand der deutsch-türkischen Beziehungen und bat um eine Verschiebung der Reise. Zuvor war den deutschen Parlamentariern auch der Besuch auf dem Nato-Stützpunkt Incirlik verwehrt worden.

Die Politiker, die zur deutschen Delegation gehören, bewerten die heutige Reise unterschiedlich. So sieht sie der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Henning Otte, als Anlass für Hoffnung. Die Türkei signalisiere, dass sie Nato-Mitglied bleiben wolle und den Wertekanon der Allianz teile.

Alexander Neu von der Linkspartei sieht die Reise jedoch kritischer: „Ich tue mir sehr schwer damit, das zu akzeptieren!“, zitiert ihn der Bayerische Rundfunk. Es sei eigentlich unter der Würde der Bundestagsabgeordneten, mit Nato-Personal deutsche Soldaten in der Türkei zu besuchen.

Das Gefühl beruht offenbar auf Gegenseitigkeit: Auch die türkische Führung dürfte nicht besonders euphorisch sein, dass Neu zu Besuch anreist. Die Türkei wirft dem Politiker und seiner Partei vor, der im Land als Terrororganisation eingestuften Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahezustehen.

Neus scharfe Worte gehen anderen Bundestagsabgeordneten offenbar teilweise zu weit. Wie der verteidigungspolitische Sprecher der SPD Rainer Arnold gegenüber der ARD sagte, hält er nichts von ständigen Provokationen. Der Besuch nehme vielmehr den Dampf aus dem Kessel.

In Ankara geht man der „Tagesschau“ zufolge davon aus, dass sich die Verwerfungen mit der Bundesregierung nach den Wahlen am 24. September legen werden. Ankara habe zudem kein Interesse an Spannungen mit Berlin, so ein Berater von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Das sei zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer.

 

Quelle: Sputnik