Wahnbild des Westens: Nato sieht offenes Russland als Gefahr

 

Moskau hegt Aggressionspläne gegen die Nato – seit 2014 ist diese Botschaft im Westen unablässig zu hören. Einen Höhepunkt erreicht die Hysterie ausgerechnet zu dem Zeitpunkt als Russland eine angekündigte Routine-Übung startet. Somit deckt sich die Realität des Westens nicht mehr mit der Wirklichkeit, schreibt am Mittwoch die Zeitung „Iswestija“.

Immer emotionsgeladener werden die Berichte westlicher Medien und die Erklärungen westlicher Politiker. Auch das Militärmanöver «Zapad 2017» hat eine ganze Lawine an Panikmache im Westen ausgelöst, wie der Militärexperte Wiktor Murachowskij in der Zeitung schreibt. Mancher Staats- und Regierungschef im Westen spricht gar von der Bereitschaft, der „Aggression“ entschieden entgegenzutreten. Aus der Sicht eines Fachmanns sieht das alles nur noch aberwitzig aus.

Denn: Welche Aggression meinen sie eigentlich? Seine Pläne, «Zapad 2017» abzuhalten, hat Russland nie verborgen. Das Manöver ist schon im Vorjahr angekündigt worden. Alles geschieht mit höchster Offenheit: Die Übung ist viel transparenter als es das Wiener Dokument von 2011 verlangt – jenes Papier über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen, das alle OSZE-Mitglieder unterzeichnet haben.
Die Anzahl der Truppen, die an dem Manöver beteiligt sind, hält sich in den Grenzen, die das Dokument vorschreibt. Deshalb ist Russland nicht verpflichtet, ausländische Beobachter zu «Zapad 2017» einzuladen und seine Nachbarn über die Übung im Voraus zu informieren – dennoch tut es das. Denn Moskau hält sich an das Wiener Dokument.

Über 90 ausländische Beobachter und Militärattachés aus über 60 Ländern hat Russland allein auf das Übungsgelände nahe der Stadt Luga eingeladen. Auch wurden alle Voraussetzungen für die Arbeit von Journalisten geschaffen: Sie wurden zu allen Hauptetappen der Übung zugelassen, das russische Verteidigungsministerium hat eigens Presseführungen organisiert.

Ähnlich verhalten sich Russlands weißrussische Verbündete. Sie haben ihrerseits Beobachter und Journalisten zu den Übungen eingeladen, die auf weißrussischem Boden stattfinden.

Offen zugänglich sind auch Angaben zur Zahl der Soldaten auf den jeweiligen Übungsplätzen. Wie viele Panzer, Flugzeuge und Hubschrauber bei Zapad 2017 eingesetzt werden, ist auch bekannt.

Briefings, die von den Sprechern des russischen Militärs abgehalten werden, quellen über vor Informationen und gehen sehr detailliert auf die Übung ein. Berichtet wird nicht nur über die Übungslage insgesamt sondern auch über konkrete Schritte auf jeder Etappe. Das alles geschieht in einem Umfang, der vorher einfach undenkbar war.
Ein solches Maß an Transparenz gab es nicht einmal zur Zeit von Glasnost und Perestroika – damals waren Nato-Offiziere erstmals zur Sowjetmanövern zugelassen worden. Dennoch – und das ist bezeichnend – lobte die westliche Presse diese Zeit als eine Epoche ungeahnter Offenheit und Freundschaft.

Es ist schon paradox: Russland verhält sich heute offener und transparenter denn je und wird dennoch der Geheimnistuerei und der Vorbereitung einer Aggression bezichtigt. Das Ergebnis dieses Umgangs: Westliche Leitmedien und Politiker haben den Boden der Tatsachen längst verlassen. Sie leben in ihrer eigenen Realität, die sich mit der Wirklichkeit nicht deckt.

Gefährlich wird das, wenn die Führungsspitzen anfangen, ihre Entscheidungen auf Grundlage von Mythen statt Tatsachen zu treffen. Wohin das führen kann? Zu Konflikten und menschlichen Opfern. Die Ernüchterung setzt in solchen Fällen viel zu spät ein.

Auffallend ist überdies: Die westlichen Länder folgen peinlich genau dem Wortlaut des Wiener Dokuments, übergehen jedoch dessen Ausrichtung. Die Nato lädt keine Beobachter zu Manövern ein – und das sobald Obergrenze der beteiligten Kräfte von 13 000 Mann auch nur um einen Soldaten unterschritten wird. Russlands Politik der Transparenz ist jener seiner westlichen Nachbarn definitiv voraus.

Die Nato ignoriert auch die Abmachungen über die dauerhafte Truppenpräsenz in der Nähe russischer Grenzen. In den baltischen Staaten etwa hat die Allianz multinationale Einsatzgruppen und Luftwaffenverbände stationiert. Rein formell stimmt daran alles: Es handelt sich um nationale Kontingente, die auf Rotationsbasis stationiert sind – die Bestimmungen des Wiener Dokuments werden eingehalten.

Nur de facto haben wir es mit einem dauerhaften Nato-Kontingent vor den russischen Grenzen zu tun. Ist das etwa keine Gefahr, die Russland beim Aufbau seiner Streitkräfte berücksichtigen muss?

 

Quelle: Sputnik