Russland und die Ukraine haben bislang keine Einigung zum Thema der Entsendung einer UN-Friedensmission in das Donezbecken erzielt. Das hat sich nach der gestrigen Sitzung des Weltsicherheitsrats, der der UN-Reformierung auf diesem Gebiet gewidmet war, herausgestellt, schreibt die Zeitung «Kommersant».
Ursprünglich hätte die diesbezügliche Sitzung der Ukraine gar nicht gewidmet werden sollen: Die Initiative gehörte Äthiopien, das neben anderen Mitgliedern der Afrikanischen Union eine Verstärkung der UN-Friedensmissionen auf dem Schwarzen Kontinent (sprich deren bessere Finanzierung) verlangt.
Aber auf die Liste der Berichterstatter wurde plötzlich der ukrainische Präsident Petro Poroschenko gesetzt, der versuchte, die Teilnehmer auf eine ganz andere Region aufmerksam zu machen. Er erinnerte, dass die Ukraine selbst an vielen UN-Missionen teilgenommen habe, und betonte: „Jetzt brauchen wir selbst Hilfe.“
Zugleich erinnerte Poroschenko, dass er den Vorsitzenden des UN-Sicherheitsrats noch im Frühjahr 2015 aufgefordert habe, für die Entsendung eines Friedenskontingents in die Ukraine nötige Prozeduren einzuleiten. Nach seinen Worten „liegt der Weg zu einer effizienten Friedensstiftung und zur Regelung der Situation durch den Abzug des ganzen ausländischen Militärpersonals, aller Söldner sowie ihrer Waffen und Mittel aus der Ukraine“. Darüber hinaus sollte die russisch-ukrainische Grenze unter eine zuverlässige internationale Kontrolle genommen werden, ergänzte Poroschenko.
In den UN-Sicherheitsrat wurden zuletzt gleich zwei diesbezügliche Resolutionsentwürfe eingebracht – von Russland und der Ukraine. Am 5. September hatte der russische Präsident Wladimir Putin vorgeschlagen, die „Blauhelme“ in die Donbass-Region einzuführen, allerdings unter vier Bedingungen.
Erstens sollten sich die Friedenskräfte auf die Gewährleistung der Sicherheit der OSZE-Beobachtungsmission konzentrieren. Zweitens sollten sie sich an der Trennungslinie zwischen den Konfliktseiten und nicht auf dem Territorium der selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk aufhalten. Drittens wäre das alles „erst nach der Trennung der Konfliktseiten und dem Abzug der schweren Technik“ möglich. Und schließlich sollten die UN-Vertreter „direkte Kontakte“ mit den Vertretern Donezks und Lugansks knüpfen, betonte der Kremlchef. Nach einem Telefonat mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ließ er allerdings zu, dass sich die Friedensstifter nicht nur an der Trennungslinie, sondern auch in den Orten aufhalten dürften, wo die OSZE-Mission stationiert ist.
Diesen Resolutionsentwurf legte die russische Delegation dem Weltsicherheitsrat vor. Eine der russischen Delegation nahestehende Quelle teilte mit, dass die ukrainische Seite ihren Entwurf erst später präsentierte. Ihr zufolge verlangt Kiew, dass in dem Dokument der Einsatz als „Nötigung zum Frieden“ oder als „Einsatz zur Friedenswiederherstellung“ bezeichnet wird. Dadurch würde „Russlands Rolle als Aggressor“ hervorgehoben.
„Diesen Gegenentwurf haben die Ukrainer erst nach unserer Initiative vorbereitet, und bis dahin hatten sie nur Populismus betrieben“, sagte der russische Insider.
Eine Quelle aus dem Umfeld des UN-Sekretariats bestätigte, dass die ukrainische Delegation zuvor keine solchen Dokumente in den Sicherheitsrat eingebracht hatte.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach in der Sitzung fast ausschließlich über die Situation in Afrika, und bezüglich der Ukraine sagte er lediglich, dass „das Zusammenwirken der UNO und der OSZE gewisse Perspektiven hat“. „Eine solche Möglichkeit sieht die russische Initiative zur Gründung einer UN-Mission zum Schutz der OSZE-Beobachtungsmission im Südosten der Ukraine vor, um die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zur Regelung der innenukrainischen Krise zu fördern“, betonte er.
Zugleich erinnerte der Chefdiplomat, dass diese Vereinbarungen bei der Abstimmung der entsprechenden UN-Resolution einstimmig befürwortet worden seien. „Und es ist unfein, ihre Umsetzung zu verweigern“, sagte Lawrow, indem er sich offenbar an seinen ukrainischen Amtskollegen wandte. Moskau wirft Kiew bekanntlich vor, den politischen Teil der Minsker Vereinbarungen, die unter anderem einen Sonderstatus der Volksrepubliken Donezk und Lugansk, die Amnestie der Teilnehmer der Gefechte im Osten des Landes und die Organisation von Kommunalwahlen vorsehen, zu sabotieren. Und erst dann wäre nach Auffassung der russischen Seite die Wiederherstellung der ukrainischen Kontrolle über die ganze russisch-ukrainische Grenze möglich.
Quelle: Sputnik