Der Absturz von Schulz – Würselen unter Schock?

 

Wie ist die Stimmung nach der historischen SPD-Wahlniederlage in Würselen, dem Heimatort von Kanzlerkandidat Martin Schulz? Und wie verkraftet der SPD-Vorsitzende selbst die Schlappe? Sputnik befragt Bürger der Stadt, die Schulz persönlich kennen. „Bittere Stunde für ihn“, erklärt der Bürgermeister.

Arno Nelles ist SPD-Politiker und seit 2009 Bürgermeister von Würselen. Er kennt Schulz seit Jahren persönlich. Die Wege der beiden hätten sich schon oft gekreuzt in der 40.000-Einwohner-Stadt bei Aachen in Nordrhein-Westfalen (NRW).

„Gestern war mit Sicherheit einer der bitteren Momente seines Lebens“, sagte Nelles im Sputnik-Interview. „So wie ich ihn persönlich kenne, traue ich ihm aber auch unumwunden zu, dass er wieder aufsteht und nach vorne schaut. Martin Schulz ist ein Mensch mit Steherqualitäten und er hat schon mehrfach in seinem Leben gezeigt, dass er fallen und wieder aufstehen kann.“ Dass sei aber „schon eine bittere Stunde“ für ihn gewesen. Die Partei habe eine schwere Niederlage erlitten.

Wie groß ist die Enttäuschung in Würselen?

In Würselen sei Enttäuschung da. „Nicht Enttäuschung über Martin Schulz, sondern über das bundesweite Wahlergebnis.“ Die Bürger der Stadt hätten einen ganz anderen Ausgang erwartet. Das zeigen laut dem SPD-Bürgermeister die guten Wahlergebnisse für seine Partei in der Städteregion. So sei die Kandidatin der SPD in der Region (im Bundestagswahlkreis Aachen II) direkt in den Bundestag gewählt worden. „Nachdem in den vorigen Wahlen dort immer der CDU-Kandidat gewählt worden ist.“ Das zeige schon ganz deutlich, dass es „hier bei uns in Würselen“ einen positiven Effekt für die Sozialdemokratie gegeben habe.

„Ganz ehrlich haben wir bis zum letzten Moment gehofft. Obwohl wir uns im Klaren waren, dass es für Herrn Schulz mehr als schwer wird und er nicht mit viel Vorsprung ins Kanzleramt einzieht. So ist das nicht nur von Martin Schulz, sondern auch von den Würselenern gesehen worden“, so SPD-Mann Nelles.

„Er hat gekämpft – und konnte doch sein Ziel nie erreichen“

In den 90er Jahren war Schulz Bürgermeister der Stadt und hatte das Freizeitbad „Aquana“ in Würselen gefördert. Laut Medienberichten habe Schulz damals versprochen, das Schwimmbad werde „nicht mehr als 20 Millionen D-Mark kosten“ – am Ende waren es 28 Millionen. Das Projekt sei laut Kritikern von Beginn an ein „Millionengrab“ gewesen. Unter den Kritikern ist auch Albert Sous, renommierter Bildhauer und Goldschmied in Würselen.

„Ich führte damals eine Bürgerinitiative gegen das Schwimmbad an, als Schulz noch Bürgermeister bei uns war“, sagte er gegenüber Sputnik. Mittlerweile habe sich seine Haltung etwas geändert. „Ich habe Mitleid mit Schulz. Er hat gekämpft und gekämpft und konnte doch sein Ziel von Anfang an nicht erreichen.“

Laut vorläufigem Endergebnis erzielte die SPD etwa 20,5 Prozent Stimmenanteile bei der Bundestagswahl am Sonntag. Das ist das historisch schlechteste Ergebnis der Parteigeschichte bei einer Bundestagswahl. Die Partei hat im Vergleich zur Wahl 2013 über fünf Prozentpunkte verloren.

 

Quelle: Sputnik