Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Konturen der EU-Reform skizziert. In seiner Rede an der Pariser Universität Sorbonne rief er die EU dazu auf, sich zusammenzuschließen und populistischen Kräften eine Abfuhr zu erteilen, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Mittwoch.
„Wir müssen die europäische Souveränität stärken. Wir teilen ein und dieselben Werte – Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenrechte und internationale Regeln. Wir unterstützen die Marktwirtschaft, doch verstehen zugleich die Wichtigkeit der sozialen Gerechtigkeit“, sagte Macron.
Der französische Präsident erwähnte in seiner Rede am Dienstag mehrere ambitionierte Initiativen zur Festigung der EU. Dazu zählen die Vereinheitlichung der Besteuerung in der EU, die Einfuhr einer gesamteuropäischen Steuer für Finanzdeals sowie neue Projekte im Bereich Verteidigung und Sicherheit auf multilateralem Niveau.
„Jetzt braucht Europa ein strategisches Begreifen der eigenen Handlungen für die Schaffung einer gemeinsamen Wertekultur“, so Macron. „Unsere Unfähigkeit, gemeinsam vorzugehen, untergräbt das Vertrauen zu uns als Europäer“.
Der französische Präsident äußerte die Hoffnung, dass die Roadmap für die EU-Reformen bis zum kommenden Jahr fertig gerstellt werde. Die Reformen sollen bis 2024 umgesetzt werden. Zu Beginn des neuen Jahrzehnts müsse Europa über eigene schnelle Einsatzkräfte, einen gemeinsamen Haushalt und eine eigene, abgestimmte Außenpolitik verfügen, sagte Macron.
In Bezug auf die Eurozone schlug er vor, einen gemeinsamen Haushalt zu schaffen. Für die Auffüllung der Staatskassen sollen unter anderem Mitteln genutzt werden, die aus den Gewinnsteuern der Unternehmen erhalten werden.
Es gibt jedoch zahlreiche Hindernisse für Macrons Initiativen. Für die Umsetzung der Reformen der Eurozone würde Paris die Unterstützung der deutschen Regierung brauchen. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt zwar die Vorhaben Macrons, beim Thema Reform der Eurozone finden die Parlamentsparteien in Deutschland jedoch keinen Konsens. Die Union wird wohl eine Koalition mit der FDP bilden, die eine politische Neuausrichtung der Eurozone und die Übergabe von neuen Vollmachten an die EU-Kommission ablehnt.
„Im Kontext der Pläne der französisch-deutschen Achse zu den EU-Reformen ist die FDP ein unbequemer Koalitionspartner für Merkel“, sagt der russische Europa-Experte Wladislaw Below. Laut dem Experten wird die Frage des Zusammenwirkens der wahrscheinlichen Koalitionspartner in Bezug auf die EU offen bleiben. „Alles wird einerseits davon abhängen, inwieweit die FDP bereit ist, die eurooptimistischen Pläne Merkels anzunehmen, und andererseits davon, ob die CDU/CSU FDP-Chef Christian Lindner davon überzeugen werden, dass die Pläne für die Reform der Eurozone den Prinzipien des Liberalismus und der Erhöhung der Konkurrenz entsprechen“, sagte Below.
Eine weitere Schwierigkeit bei der Umsetzung der Pläne Frankreichs besteht darin, inwieweit sie mit den Vorschlägen der EU-Kommission vereinbar sind. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ist gegen eine Neuausrichtung der Eurozone. Ihm zufolge hat die EU bereits einen eigenen Haushalt und ein Parlament, und es macht keinen Sinn, diese Institutionen auf der Ebene der Eurozone zu schaffen.
Quelle: Sputnik