Dass sein Name genannt wird, will der Stadtpolizist aus Barcelona aus guten Gründen nicht. Über das anstehende Referendum sagt er im Sputnik-Gespräch: „Viele Polizisten sind beunruhigt, die Nerven liegen völlig blank.“ Auch ein Mitarbeiter der katalonischen Regierungspolizei erzählt, wie die Beamten sich auf die Abstimmung vorbereiten.
Am 1. Oktober stimmt Katalonien über seine Unabhängigkeit ab. Ordnungshüter erwarten eine extrem angespannte Sicherheitslage, die potentiell in Ausschreitungen umschlagen kann. So zeigt sich die Stadtpolizei angesichts der Größenordnung des erwarteten Referendums angespannt: Am 1. Oktober werde die Polizei mit einer Sicherheitslage konfrontiert werden, mit der sie bislang nicht umgehen musste.
„Das wird nicht spurlos vorübergehen, es wird Ausschreitungen geben“, sagt ein Beamter der Stadtpolizei, die die Straßen von Barcelona am 1. Oktober schützen muss. „Aber wir hoffen, dass nichts passieren wird, was wir später bereuen müssen.“ Nur wie das gehen soll, wisse „selbst die Polizei“ nicht.
„Wir werden ja nicht auf Verbrecher stoßen, sondern auf Normalbürger – ganz gewöhnliche Menschen, die abstimmen wollen. Wir stehen unter enormem Druck. Es könnte ja mein Nachbar sein. Oder die Mutter des Freundes meiner Tochter. Sie wollen abstimmen und ich muss sie daran hindern“, sagt der Polizeibeamte.
Es gebe eine Spaltung in der Gesellschaft, die sich bis ins Private ziehe, räumt er ein.
„Was da passiert, ist sehr wichtig für uns – hängt aber auch von allen ab: Von den Unabhängigkeitsanhängern genauso wie von denen, die keine Unabhängigkeit wollen“, bemerkt er.
Und ein Beamter der Regierungspolizei sagt: „Wir bekommen Befehle und müssen sie ausführen.“ Aber: „Alles hat seine Grenzen. Wir sind in erster Linie Menschen und dann Regierungsbeamte – zumal wir alle in einem Boot sitzen. Der 1. Oktober – das ist das Ergebnis eines Staates, der zum Dialog nicht imstande ist.“
Der Stadtpolizist stimmt zu: „Am 1. Oktober werden wir natürlich Befehle ausführen müssen. Aber wir müssen auch auf unser Gewissen hören. Wir sind ja vor allem Menschen.“ Anweisungen für den Tag X habe er aber noch nicht erhalten.
Ob auch andere Polizisten die Befehle ignorieren werden?
„Stellen Sie sich nur vor: Da bewachen vier Polizisten ein Wahllokal und 4.000 Menschen wollen an ihnen vorbei und abstimmen. Was sollen sie machen, wenn der Weg des Dialogs nicht mehr gangbar ist?“ sagt der Beamte.
Der Regierungspolizist sieht das ähnlich. Auch er glaubt, dass viele Polizisten die Bürger an der Abstimmung nicht behindern werden. Werden sie denn selber wählen? Auch da sind sich die beiden einig: Ihre Stimme würden sie in jedem Fall abgeben.
Quelle: Sputnik