Jan Fleischhauer, Autor des höchst lesenswerten Buches „Unter Linken“, schreibt Kolumnen für den SPIEGEL. Der Volksmund kennt Fleischhauer auch als den „Quotenkonservativen“ beim umstrittenen Hamburger Nachrichtenmagazin. Eine erbauliche Medienkritik.
von Max Erdinger
Spiegel-Gründer Rudolf Augstein gefiel es vermutlich, sein Nachrichtenmagazin „Spiegel“ zu nennen, weil er beabsichtigte, die Zeitläufte in einem Nachrichtenmagazin zu spiegeln. Jakob Augstein, eigentlich der Sohn Martin Walsers, hat das nicht ganz verstanden. Jakob Augstein drehte den „Spiegel“ um – und seither schreiben alle über ihr eigenes „Spiegelbild“. Jan Fleischhauer beim „Spiegelbild“ ist der dreiste Versuch eines Toleranzbeweises, den man dort in weiser Selbstsicht der Öffentlichkeit andienen zu müssen glaubt. Beim „Spiegel“ weiß man also sehr genau, wer man ist. Und außerdem hält man alle anderen für blöd. Es gilt: Spiegel-Leser wissen mehr. Ich schreibe jetzt ausdrücklich nicht, welche Leser am meisten wissen.
Jan Fleischhauer verzückt jedenfalls mit einem sehr lesenswerten Artikel über die Arroganz der Macht, ausgerechnet in jenem umstrittenen Magazin. Er zieht anhand zweier Beobachtungen am Rande Rückschlüsse auf das Selbstverständnis Merkels und ihrer Getreuen. Das Ergebnis ist eindeutig: Die Herrschaften triefen vor Arroganz. Nicht, daß schon einmal jemand etwas anderes unterstellt hätte, aber Fleischhauer beantwortet anhand der beiden Randnotizen die Detailfrage: Wie genau triefen sie?
Da gibt es einmal die Geschichte von Wolfgang Bosbach, dem letzten Sympathieträger der CDU. Der krebskranke Bosbach absolvierte 48 Termine im Wahlkampf. Weil ihn wegen der Medikamente, die er einnehmen muß, nach etwa 8 Stunden große Müdigkeit überfällt, hatte er bei der Partei angefragt, ob er sich chauffieren lassen dürfe. Fleischhauer über Bosbach – Zitat: „Wenn es geht, fängt er um 19 Uhr an, damit er fertig ist, bevor die Müdigkeit einsetzt, aber das lässt sich nicht immer steuern. Vor einiger Zeit hat er im Konrad-Adenauer-Haus angerufen und gefragt, ob man ihm einen Fahrer stellen könne. Er hat seine Situation geschildert, er hat erklärt, dass er am Steuer einschlafe, wenn es später als 21 Uhr werde. Man hat ihm geantwortet, dass nur Mitgliedern des Präsidiums ein Dienstwagen zustehen würde. Ob er ein Mitglied des Präsidiums sei?“ – Zitatende.
Tja, das ist sie, diese widerwärtige, pedantische Nickeligkeit, die man in Deutschland gerne hinter dem Verweis auf „staatstragende“ Regeln und Bestimmungen versteckt, wenn es einem gerade zupaß kommt. Die Arroganz der Macht eben. Ronald Pofalla, u.a. Chef des Bundeskanzleramtes bis 2013, hatte Bosbach einst angeblafft: „Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen.“ Den Ton hat er sich nur erlauben können, weil ihm klar war, daß dafür keine Schelte von Mutti zu erwarten war. Pofalla wäre der letzte, der sich aus Versehen ins eigene Knie schießt.
Die zweite Randnotiz hat mit Alexander Gauland zu tun. Fleischhauer über den AfD-Spitzenpolitiker – Zitat: „Gauland kann bis heute den Tag benennen, an dem seine 40-jährige Beziehung zur CDU zerbrach. Ich weiß das, weil ich ihn gefragt habe. Es war im Februar 2012 während eines Abendessens mit dem CDU-Generalsekretär, der damals Hermann Gröhe hieß. Gröhe hatte in die Parteizentrale am Berliner Tiergarten eingeladen, um über die Zukunft des „Berliner Kreises“ zu reden, eines Zusammenschlusses konservativer CDU-Mitglieder, zu denen auch Gauland gehörte.
Gröhe habe sie wie den letzten Dreck behandelt, sagt einer, der an dem Abend dabei war. So als seien die Anwesenden Politpraktikanten, denen man Befehle erteilen könne. Irgendwann habe Gauland sich zurückgelehnt und Gröhes Tiraden schweigend verfolgt. Ein Jahr später trat er aus der CDU aus. Jetzt ist Gauland der Lafontaine der CDU. Solange er in der AfD das Sagen hat, wird es keinen Frieden mit der Partei geben, deren Generalsekretär ihm die einfachsten Formen des Respekts verweigerte.“ – Zitatende.
Gröhe ist schon lange die Lachnummer bei Youtube. Wahlabend 2013: Die Parteiprominenz auf der Bühne, alle happy, Wahl gewonnen, jemand reicht Grinsegröh ein Deutschlandfähnchen, weil er wohl eines schwenken will, dieses wird ihm von Mutti entwendet, Gröhe stutzt kurz, beobachtet dann, wie Merkel das Fähnchen mit angewiderter Mine „entsorgt“, um als nächstes wieder zu lachen und begeistert zu klatschen. Das ist Gröhe. Der Mann, der an Merkel vorbeimarschiert und sich das Fähnchen wieder holt, ist Gröhe nicht. Und seine Mutti weiß das ganz genau.
Typen wie Ronald Pofalla der Ehrgeizige, die Nickeligen von der Fahrbereitschaft und die entgräteten Gröhes sind das Personal, das sich die Arroganz der Macht hält. Oder solche Finsterlinge wie Peter Tauber. Gerne auch joviale Sanguiniker wie Peter Altmaier, den neuen Übergangs-Finanzminister, der noch eine Woche vor der Wahl auf die Frage des Spiegels, ob Deutschland gespalten sei, folgendermaßen brillierte – Zitat „Spiegel“: „Unsinn“, meint Peter Altmaier. Der Kanzleramtschef und Merkel-Vertraute glaubt sogar, das Grundvertrauen in die Politik sei gewachsen.“ – Zitatende.
Man kann also sagen, daß sich Merkel in ihrer nächsten Nähe mit Funktionsträgern und Befugten umgibt, die wiederum kraft Befugnis und Funktion anstatt mit Anstand und Hirn dafür sorgen, daß Merkel niemand mit Verstand und Selbstbewußtsein zu nahe kommt. Besonders mit selbstbewußten und klugen Männern hat Frau Angela bekanntlich Probleme. Und sie hat Angst vor großen Hunden, worüber sich Wladimir Putin köstlich amüsiert. Wenn man sich das in seiner ganzen Tragweite ausmalt, was es bedeutet, wenn eine ältliche, kinderlose, sozialistisch und protestantisch sozialierte Weibsperson ohne Anmut und Liebreiz die Macht hat – und wenn sie obendrein auch noch arrogant ist – dann sind eigentlich alle Fragen zum Schicksal des geliebten Vaterlandes geklärt. Erhängen wir uns einfach alle. Geben wir uns die Kugel. Springen wir vom Balkon.
Quelle: Jouwatch