KenFM: Klaus Lederers Angst vor Ken Jebsen

Ein Kommentar von Pedram Shahyar. Das vom Berliner Kultursenator eingeleitete Verbot einer relativ unbedeutenden Preisverleihung für den kritischen Journalisten Ken Jebsen im Kino Babylon schlägt hohe Wellen. Es ist ausgerechnet der „linke“ Kultursenator und Vize-Bürgermeister der Hauptstadt, der es für nötig hält eine Symbolfigur der neuen Friedensbewegung quasi mit einem Auftrittsverbot zu belegen und auf seinem Facebook-Profil dazu aufruft, diesen „Wahnsinn“ zu stoppen. Michel Foucault hätte seine Freude: die diskursive Grenzziehung, stellte er einst fest, geht immer damit einher, die Grenzen des Sagbaren und Denkbaren mit dem Wahnsinn zu umreißen.

Was außerhalb unseres Wertesystems liegt, ist der Wahnsinn. So platt kommt der Berliner Kultursenator daher, denn sein Verbot entzieht sich jeder Grundlage. Vor kurzem sprach Jebsen in Ramstein auf derselben Kundgebung gegen die Airbase und die Drohnenkriege, wo auch Oskar Lafontaine sprach. Im Rahmen der Kampagne gegen die Militärbasis wurde ein gemeinsamer Aufruf von tausenden Aktivisten einschließlich Jebsen, einem Duzend Bundestagsabgeordneten der Linken und sogar dem Parteivorsitzenden Bernd Riexinger verabschiedet. Doch hinter diesem banalen Akt der Zensur liegt mehr als ein autoritär tickender pseudoliberaler Hauptstadtpolitiker, es ist mehr als ein Konflikt zwischen Klaus Lederer und Ken Jebsen – sie sind Synonym für politische Phänomene, Schichten des politischen Denkens und Betriebs.

Dieser peinliche Verbotsversuch ist ein Antlitz der Transformation und eine neue Qualität der Anpassung und Integration der linken Bürokratie. Klaus Lederer gehört einer Generation Politiker an, die kurz vor der Wende in den Startlöcher waren in der SED Karriere zu machen. Der Zusammenbruch des Ostblocks und des DDR-Staates zerbrach die aufgestellte Karrierelinie. Die großen Fische gingen zur CDU und wurden Wendehälse. Viele blieben, und die Jugendfunktionäre fanden sich in den 90ern in der absoluten Außenseiterposition wieder: geächtet und belächelt statt Karriere im Staat und Verwaltung. Doch Deutschland wurde linker und allen voran die Hauptstadt.

So gelang es der PDS 2001 satte 22,6% in Berlin bei den Wahlen zu holen, mit Gregor Gysi an der Spitze. Die große Hoffnung nun in einer rot-roten Regierung sozialistische Kommunalpolitik zu erleben erwies sich jedoch als eine große Illusion: Unter dem Finanzminister Thilo Sarrazin wurde „gespart bis es quietscht“, und die roten Senatoren und Staatssekretäre erklärten sehr klug warum es nicht anders ginge, warum die Sachzwänge nun mal so wären. Die größte Privatisierung, die die Stadt bis dato erlebt hatte hieß nun „progressive Entstaatlichung“. 100.000 staatliche Wohnungen wurden Investoren in den Hals geworfen, der öffentliche Dienst drastisch zusammengestrichen, und Berlin bekam in den kommenden Jahren das Image einer „failed city“, wo die Verwaltung komplett überfordert ist.

Quelle: KenFM