Die jüngsten Aussagen des tschechischen Präsidenten Milos Zeman, wonach sein Land den Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 unterstützt, demonstriert laut dem Experten Igor Juschkow das Fehlen einer konsolidierten Position in der EU zu Nord Stream 2.
„Während solche Gegner der neuen russischen Gaspipeline wie die Ukraine und Polen danach streben, möglichst oft und laut ihre Position zu verkünden, verhalten sich deren Anhänger viel ruhiger“, sagte der Experte der Stiftung für nationale Sicherheit, Igor Juschkow, gegenüber dem Portal „rueconomics.ru“.
„Falls sich zuvor vor allem große europäische Korporationen für Nord Stream 2 ausgesprochen hatten, werden sie nun auch von politischen Kreisen unterstützt. Dies spricht dafür, dass es in der EU keine einheitliche Einstellung zur Gaspipeline gibt“, fügte er hinzu.
Für Russland sei das ein positives Signal. Die EU habe offiziell anerkannt, dass es keine Anlässe dafür gebe, den Bau der Gaspipeline zu verbieten. „Aber falls irgendwelche Sanktionen gegen Nord Stream 2 eingeführt werden, blockiert Tschechien diese Initiative, weil in der EU Entscheidungen auf der Basis einer absoluten Einigkeit getroffen werden. Obwohl technisch keine Genehmigungen und Absprachen von Tschechien für die Rohrverlegung gefordert werden, ist seine Unterstützung sehr wichtig“, erklärte der Experte.
Tschechiens Staatschef Milos Zeman erklärte, dass sein Land aufgrund der Materialien und der Haltung des Industrie- und Handelsministeriums das Projekt Nord Stream 2 offiziell unterstützt. „Ich freue mich darauf, dass Tschechien seine Haltung hat und seine eigenen Interessen verteidigt“, sagte er dazu.
„Tschechien verteidigt tatsächlich seine nationalen Interessen“, versicherte der Experte.
„Nach der Instandsetzung von Nord Stream 2 wird Deutschland doppelt so viel Gas aus Russland bekommen, was es zum größten Energiehub Europas macht. Heute bekommt Tschechien Gas direkt aus Russland, mit Transit durch die Ukraine, was Prag aus verständlichen Gründen nicht gefällt“, erläuterte Juschkow.
Die ukrainischen Gaspipelines sind laut dem Experten abgenutzt, Kiew investiert nicht in deren Modernisierung. Die Lieferungen könnten jeden Moment aus technischen Gründen gestoppt werden. Zudem vertraue man Kiew als Transitland nicht besonders, weil in der Ukraine eine „permanente politische Unstabilität“ herrsche. „Es ist viel bequemer und ruhiger für Tschechien, Gas aus Deutschland zu bekommen“, betonte er.
Nord Stream 2 bereichert Tschechien
„Wenn die Rohre von Nord Stream Deutschland erreicht haben, werden sie sich weiter erstrecken – durch Tschechien nach Österreich. Tschechien bekommt automatisch den Status eines Transitlandes“, sagte Juschkow weiter.
Nach vorsichtigen Schätzungen werde Tschechien etwa eine Milliarde US-Dollar pro Jahr für den Gastransit bekommen.
Das Fehlen einer Konsolidierung in der EU in Bezug auf Nord Stream 2 gebe den Gegnern keine Chance, das Projekt zu blockieren. Es gebe keine Gründe dafür, und das Gesetz lasse keine Schaffung künstlicher Hindernisse zu. „Die Chancen, dass im Jahre 2019 Gas durch Nord Stream 2 fließt, sind sehr hoch“, prophezeite der Experte.
Das Nord Stream-2 Projekt sieht den Bau von zwei Strängen mit einer Gesamtkapazität von 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr von der russischen Küste durch die Ostsee bis nach Deutschland vor. Die neue Pipeline soll parallel zur ersten verlegt werden.
Der russische Konzern Gazprom würde über 50 Prozent der Anteile an Nord Stream 2 AG verfügen, die europäischen Unternehmen BASF, E.On, Engie, OMV und Shell jeweils über zehn Prozent.
Quelle: Sputnik