Der US-Wirtschaft geht es gut? Warum steigt dann die Zahl der Obdachlosen immer weiter an? Die Lage diesbezüglich wird zunehmend katastrophal.
Von Marco Maier
Inzwischen haben schon mindestens zehn Städte bzw. Gemeinderegionen in Kalifornien, Oregon und Washington State den Notstand erklärt, weil die Zahl der Obdachlosen dermaßen dramatisch angestiegen ist. Das heißt: Faktisch die ganze Westküste der USA ist davon betroffen, wie das Portal «SFGate» aus San Francisco berichtet. Weiter im Norden, in Seattle, sieht es nicht viel besser aus. «400 ungenehmigte Zeltlager» seien dort in Parks, unter Brücken und sonstigen Stellen entstanden.
Inzwischen, so heißt es in der «LA Times«, dass man im südlichen Kalifornien in Sachen Obdachlosigkeit «seit der großen Depression» Ende der 1920er-Jahre keine solchen Zustände mehr gesehen habe. Jährlich werden alleine von der Midnight Mission mehr als eine Million Mahlzeiten an diese Menschen verteilt. Die Zahl der wohnungslosen Menschen in Los Angeles County alleine liegt bei über 55.000 Personen – ein Plus von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Aber nicht nur an der Westküste ist die Lage katastrophal. Auch im Osten sieht es nicht besser aus. Lag die Zahl der Obdachlosen in New York City 1994 noch bei 24.000, waren es 2002 bereits 31.000 Personen ohne festen Wohnsitz. 2014 lag die Zahl dann bei 51.500 Personen und stieg mittlerweile auf 63.000 an. Die Tendenz ist weiterhin steigend, zumal beispielsweise von 2005 bis 2015 die Einkommen um lediglich fünf Prozent stiegen, die Mieten jedoch durchschnittlich um 18 Prozent.
Bei den ganzen Obdachlosen handelt es sich aber nicht nur um irgendwelche «gescheiterten Existenzen», wie Alkoholiker oder Drogensüchtige, sondern immer mehr Menschen die infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008 ihre Wohnung bzw. ihr Haus bzw. ihren Job verloren hatten. Und um Menschen, die infolge der weiterhin angespannten wirtschaftlichen Lage danach alles verloren hatten. Und: Seit dem offiziellen Ende der letzten Rezession ist die Zahl der obdachlosen Kinder um ganze 60 Prozent angestiegen.
Politik und Medien werden nicht müde, die «robuste US-Wirtschaft» zu loben und zu betonen, wie gut es doch um «die größte Volkswirtschaft der Welt» (die mit der stark hedonischen Preisberechnung jedoch sich selbst und die Welt betrügt) stehe. Doch die Realität sieht offenbar völlig anders aus.
Quelle: Contra Magazin