KenFM: Tagesdosis 25.11.2017 — Das Berliner Polit-Theater: Ablenkung und Täuschung der Wähler

Quelle: KenFM

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Nach zweimonatigem Hin und Her im politischen Berlin sieht es so aus, als könne es demnächst zu einer Neuauflage der alten Regierung kommen. Viele Beobachter fragen sich, was denn die endlosen Koalitionsverhandlungen zu bedeuten hatten, wenn am Ende nichts, aber auch gar nichts, dabei herausgekommen ist.

Die Antwort lautet: Die Verhandlungen sind Teil des Spiels, das die Politiker mit der Bevölkerung treiben und dieses Spiel lautet: Von den wirklich wichtigen Problemen ablenken und das Volk glauben lassen, dass es von seiner Regierung regiert würde.

Das aber hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Deutschlands Zukunft wird weder von der nächsten Bundesregierung bestimmt, noch von irgendwelchen anderen vom Volk gewählten Gremien. Die Entscheidungen über Deutschlands Zukunft werden von Bürokraten in Brüssel (der EU-Kommission) und in Frankfurt (der Führung der EZB) getroffen, die allesamt ernannt und nicht gewählt wurden und deren wichtigste Aufgabe darin besteht, das Geschäft der internationalen Finanzindustrie zu betreiben.

Die Bundespolitiker in Berlin haben dabei im Rahmen einer von allen Seiten akzeptierten Arbeitsteilung drei Aufgaben zu erfüllen: Sie müssen sich den Entscheidungen aus Brüssel und Frankfurt unterwerfen, sie müssen dafür sorgen, dass die von dort angeordneten Maßnahmen ohne großen Widerstand durchgesetzt werden können und sie müssen das Volk durch politisches Getöse von den wirklich wichtigen Entscheidungen in Brüssel und Frankfurt ablenken.

Die Koalitionsverhandlungen der vergangenen Wochen liefern dafür ein anschauliches Beispiel:

Während sich die Führungsgarde in Berlin ein ums andere Mal medienwirksam inszenierte, um über vermeintliche Koalitionskompromisse zu verhandeln, geschah in Brüssel etwas, das für jeden Bürger in unserem Land von allergrößter Bedeutung ist: Dort wurde nämlich der 2014 gefasste Vorsatz, ein europäisches Trennbankensystem einzuführen, sang- und klanglos fallen gelassen.

Ein solches Trennbankensystem hätte die Investmentbanken, die hohe Risiken eingehen dürfen, von konventionellen Banken, deren Schwerpunkt das Kreditgeschäft ist, getrennt und damit in einer Zeit unabwägbarer Risiken im Bankensektor für mehr Sicherheit gesorgt. Die Realisierung eines solchen Systems würde allerdings voraussetzen, dass Banken im Kreditgeschäft Geld verdienen können, und das ist bei der gegenwärtigen Nullzinspolitik nicht möglich.

Das heißt: Die von der EZB betriebene Politik des Gelddruckens und der Vergabe dieses Geldes zum Nulltarif hat das Bankensystem so weit untergraben, dass es selbst bei gutem Willen nicht mehr möglich ist, die Risiken im Finanzsektor durch gesetzliche Regelungen einzudämmen.

Das aber ist nicht die einzige Gefahr, vor der uns während der Koalitionsverhandlungen kein Politiker gewarnt hat. So hat die EZB am 8. November ein „Meinungspapier» veröffentlicht, in dem die Einlagensicherung, die jedem Bürger sein bei einem Finanzinstitut deponiertes Geld bis zu 100.000 Euro garantiert, infrage gestellt wird.

In dem Papier wird in üblichem Bürokratenkauderwelsch der Eindruck erweckt, eine solche Einlagensicherung sei nicht mehr notwendig und könne im Bedarfsfall durch „beschränkte Ausnahmen“ ersetzt werden. Es kommt sogar noch schlimmer: Anlegern solle „während einer Übergangsperiode Zugang zu einer angemessenen Summe ihrer gedeckten Einlagen“ gewährt werden, damit diese „die Lebenshaltungskosten für fünf Tage auf Anfrage decken können“.

Im Klartext heißt das: Die EZB spielt bereits Szenarien durch, wie sie noch besser an das Geld arbeitender Menschen kommen kann, wenn es zum nächsten Crash kommt.

Während also die EU-Kommission beschlossen hat, Anleger auch weiterhin den Risiken des Investmentbankings auszusetzen und die EZB sich Gedanken gemacht hat, wie die durch kriminelle Spekulation entstandenen Löcher in Zukunft noch effektiver durch das Geld arbeitender Menschen gestopft werden können, haben die Politiker in Berlin die endlosen und von den Medien immer wieder aufgebauschten Koalitionsverhandlungen genutzt, um ihre Wähler auf diese Weise einmal mehr von den für sie wirklich wichtigen Dingen abzulenken.