Der Anteil der Muslime wird selbst bei geschlossenen Grenzen zunehmen. Eine neue Studie rechnet in drei Szenarien vor, wie sich das auf Europa auswirken könnte. Würde man etwa eine Null-Migration annehmen, läge der Anteil der Muslime in Deutschland im Jahr 2050 bei neun Prozent.
Der muslimische Anteil an der Bevölkerung Europas wird sich in den kommenden Jahren massiv erhöhen – und möglicherweise sogar vervielfachen. Das prognostiziert eine Studie der Denkfabrik Pew Research Center, die der WELT vorliegt. Nach einem von drei zugrunde gelegten Szenarien könnte sich der Anteil der Muslime in Deutschland gar mehr als verdreifachen, nämlich von rund sechs Prozent (2016) auf knapp 20 Prozent (2050).
Mit „Europas wachsende Muslim-Bevölkerung“ ist die Studie des in Washington D. C. ansässigen Instituts überschrieben („Europe’s growing Muslim population“). Die Autoren erklären darin, in welchem Umfang das Gewicht des Islam in Europa weiter zunehmen wird – das gilt sogar für den hypothetischen Fall einer sofortigen Schließung aller Grenzen nach Europa und der vollständigen Beendigung auch legaler Zuwanderung, etwa in Form von Arbeitsvisa.
In diesem Szenario eins einer „Null-Zuwanderung“ gibt es dennoch einen Zuwachs der muslimischen Bevölkerung aller 30 europäischen Staaten von 4,9 Prozent auf 7,4 Prozent – und in Deutschland von sechs auf 8,7 Prozent. Der Grund: Zuwandernde Muslime sind im Durchschnitt um 13 Jahre jünger als die einheimische Bevölkerung und haben eine höhere Geburtenrate.
Szenario zwei geht von einer „mittleren Zuwanderung“ aus, bei der überhaupt keine weiteren Asylbewerber oder Schutzsuchenden kämen, sondern nur noch reguläre Zuwanderung insbesondere mit Arbeitsverträgen oder zum Zweck eines Studiums. Der Effekt: In Europa würde sich der muslimische Anteil auf knapp über elf Prozent verdoppeln, in Deutschland bliebe er knapp darunter.
Szenario drei einer „hohen Zuwanderung“ geht von einem unvermindert hohen Zuwachs wie in den Jahren 2014 bis 2016 aus. Dadurch würde sich der muslimische Anteil in Europa (auf 14 Prozent) und in Deutschland (auf knapp 20 Prozent) ungefähr verdreifachen.
Alle drei Szenarien seien nur „Gedankenexperimente, die dazu gedacht sind, verschiedene Möglichkeiten zu beleuchten, anstatt eilige Vorhersagen zu liefern“, teilte der Demograf und Hauptautor der Studie, Conrad Hackett, der WELT auf Anfrage mit.
„Zum Beispiel denken wir im ersten Szenario nicht, dass es zukünftig überhaupt keine Migration geben wird. Ebenso fällt es uns schwer zu glauben, wie in unserem Szenario der hohen Migration beschrieben, dass die historisch großen Flüchtlingsströme, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, auf unbestimmte Zeit anhalten werden.“
Doch diese „Was-wäre-wenn“-Rechnungen, so Hackett weiter, „können politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit nutzen, um ein besseres Gespür dafür zu entwickeln, wie restriktive Migrationspolitik die muslimische Bevölkerung in Europa beeinflussen würde“.
Weiterlesen: Die Welt