Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat erneut die Absicht bekundet, „in absehbarer Zukunft“ ein Referendum über den Beitritt der Ukraine zur EU und zur Nato abzuhalten. Das schreibt die „Nesawissimaja Gaseta“ am Montag.
Kiew zufolge könnte ein Referendum über den Beitritt der Ukraine zur EU und zur Nato im kommenden Jahr stattfinden, da für das Jahr 2019 die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen geplant sind.
Poroschenko versprach bereits mehrmals, solche Referenden anzuberaumen. Doch wie der Politologe Walentin Gladkich sagte, werden solche Referenden üblicherweise zu Zeitpunkten durchgeführt, wenn die Vorbereitung auf die Mitgliedschaft in der Schlussphase ist. Das soll gewährleisten, dass beide Seiten zur Integration bereit sind. In der aktuellen Situation gaben die EU und die Nato jedoch eindeutig zu verstehen, dass sie nicht bereit seien, die Ukraine aufzunehmen, sagte der Experte dem Portal „GolosUA“.
Ähnlich äußerte sich auch der Sondergesandte des US-Außenministeriums für die Ukraine, Kurt Volker. Er sagte im August gegenüber Pressevertretern, dass die Ukraine derzeit nicht bereit sei, der Nato beizutreten, und die Nato momentan ebensowenig, die Ukraine aufzunehmen. Was die EU betrifft, wurden bei dem im November abgehaltenen Gipfel der „Östlichen Partnerschaft“ die „europäischen Bestreben und die europäische Wahl der Ukraine“ anerkannt. Doch trotz diplomatischen Anstrengungen Kiews wurde die Aussicht auf eine Mitgliedschaft in der EU im Schlussdokument nicht erwähnt.
Laut dem Wissenschaftsdirektor der Stiftung „Demokratische Initiativen“, Alexej Garan, empfehlen ukrainische Experten dem Team Poroschenkos derzeit, sich mit der Frage der EU-Mitgliedschaft nicht zu beeilen. „Die meisten Experten meinen, dass wir uns jetzt auf die Umsetzung des Assoziierungsabkommens mit der EU konzentrieren und erst dann zur Frage der Mitgliedschaft übergehen sollten. Die erste Etappe kann etwa zehn Jahre in Anspruch nehmen“, sagte Garan.
Dem Experten zufolge ist die Frage der Nato-Mitgliedschaft noch schwieriger. „Alle Experten meinen, dass man die Erarbeitung eines Fahrplans zur Nato-Mitgliedschaft anstreben soll, doch die Hälfte von ihnen ist überzeugt, dass diese Frage jetzt nicht gestellt werden soll.“ Aktuell hätte eine relative Mehrheit der Ukrainer für einen Nato-Beitritt gestimmt. Doch diese Frage würde die regionalen Unterschiede widerspiegeln und könnte die inneren Widersprüche in der Ukraine zuspitzen.
Poroschenko hob im September in seiner Botschaft an die Oberste Rada (Parlament) hervor, dass die Mitgliedschaft in der EU und der Nato eine strategische außenpolitische Richtung ist. Später beim Treffen mit Vertretern der ukrainischen Diaspora im Ausland sagte er, dass die Ukraine den notwendigen Kriterien entsprechen wird, um einen Antrag auf Mitgliedschaft in der EU und der Nato einzureichen.
Zuletzt erwähnte Poroschenko den außenpolitischen Kurs in seiner Rede anlässlich des Jahrestags des Unabhängigkeitsreferendums der Ukraine am 1. Dezember 1991. „Ich bin mir sicher, dass die Ergebnisse der Abstimmung ebenso positiv sein werden wie die Ergebnisse des Unabhängigkeitsreferendums der Ukraine.“ Einige ukrainische Medien hoben hervor, dass der Präsident mit 90 Prozent Zustimmung für den Beitritt zur EU und Nato rechnet.
Allerdings bestätigen Umfragen solche Erwartungen nicht. Demnach wird die Idee eines EU-Beitritts von 56,2 Prozent der Ukrainer unterstützt, 24,6 Prozent sind dagegen. Die Idee einer Nato-Mitgliedschaft wird von 43,2 Prozent unterstützt, 33,3 Prozent sind dagegen.
Politologen zufolge hängt das angekündigte Referendum eher mit dem Beginn des Wahlkampfes zusammen. Poroschenko wolle damit die Initiative ergreifen, bevor die alte Opposition (vor allem Julia Timoschenko) und die neuen politischen Projekt, darunter die Partei Michail Saakaschwilis, so weit seien.
Übersetzung: Sputnik