Saakaschwili peilt die Rolle des „Hetmans der Ukraine“ an

Der frühere Präsident Georgiens und Gouverneur des ukrainischen Gebiets Odessa, Michail Saakaschwili, hat gestern eine neue große Protestaktion vor dem Haus der Werchowna Rada (ukrainisches Parlament) in Kiew organisiert, schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag.

Dabei hatte der ukrainische Generalstaatsanwalt Juri Luzenko zuvor erklärt, Saakaschwili würde „binnen von 24 Stunden“ festgenommen und verhört werden.

Am Dienstag hatten die Ordnungskräfte ihn tatsächlich gefasst, doch seinen Anhängern gelang es, ihren Anführer sofort wieder zu befreien.

Der einzige Ort, wo sich Saakaschwili mehr oder weniger in Sicherheit fühlen kann, ist das Zeltlager der Protestierenden unweit der Werchowna Rada. Die Situation erinnert inzwischen immer mehr an die Ereignisse von Ende 2013 bzw. Anfang 2014, als der so genannte „Euro-Maidan“ begann: Es werden wieder Barrikaden errichtet, Autoreifen verbrannt usw. „Ich dachte, man könnte mich kaum mehr mit etwas überraschen. Aber was das ganze Land gestern gesehen hat, war schockierend“, kommentierte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die jüngsten Ereignisse.

In der Nacht auf Mittwoch hatten die Ordnungskräfte und der SBU versucht, Saakaschwili festzunehmen. Wie er selbst erzählte, hätte er sich „durch einen Zufall“ gerettet, weil seine Verfolger „die Zelte verwechselt“ hätten. Der Pressedienst der Polizei berichtete, Saakaschwilis Anhänger hätten Beile und Benzinsägen eingesetzt, um ihn zu verteidigen.

Der ukrainische Politologe und Mitglied des Gesellschaftsrats beim Innenministerium, Andrej Busarow, verwies darauf, dass Saakaschwili keine Unterstützung seitens anderer Oppositionspolitiker genieße.

„Wir sehen vorerst weder Julia Timoschenko noch den Bürgermeister von Lwow, Andrej Sadowy, noch (den früheren SBU-Chef) Valentin Naliwaitschenko“, betonte der Experte. „Sie kritisieren zwar auch die Machthaber, wollen ihn jedoch nicht unterstützen. Falls Saakaschwili es aber schafft durchzuhalten, könnten seine früheren Verbündeten und sogar seine früheren Feinde sich ihm anschließen.“

Busarow zufolge sollte Saakaschwili am besten aufhören, die Machthaber zu provozieren, und den aktuellen Status quo aufrechterhalten. Denn diesmal haben die Ordnungskräfte mehr Anlass, gegen die Protestierer härter vorzugehen als im September.

Es wird nämlich immer kälter, und Saakaschwilis Anhänger haben Generalstaatsanwalt Luzenko zufolge die Räumlichkeiten eines Parlamentsausschusses im Hotel „Kiew“ erobert, „um sich dort auszuruhen“. Das war aber ein Anlass, um ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Saakaschwili einzuleiten.

Mittlerweile verschärft sich die Situation auch in Tiflis. Im Zentrum der georgischen Hauptstadt fand kürzlich eine Aktion der Partei „Einheitliche nationale Bewegung“ statt, an deren Spitze Saakaschwili steht. „Sollte unser Anführer in ein georgisches Gefängnis kommen, werden Protestaktionen ausbrechen, an denen Tausende Menschen teilnehmen werden“, warnte Parteimitglied Nugsar Ziklauri. Dabei wandte er sich vor allem an den Vorsitzenden der Regierungspartei „Georgischer Traum“, Bidsina Iwanischwili, den seine Opponenten für einen „russischen Oligarchen“ halten.

Allerdings sieht man in Tiflis und Kiew Moskaus Rolle unterschiedlich. Während das Mitglied des Politrats der „Einheitlichen nationalen Bewegung“, Nika Melia, behauptet, Iwanischwili würde „gemeinsam mit dem Oligarchen Poroschenko im Auftrag des Kremls und Wladimir Putins persönlich handeln“, glaubt man in Kiew daran, dass Saakaschwili „den vom FSB entwickelten Plan ‚Russischer Winter‘ umsetzen“ wolle.

Quelle: Sputnik