„Beginn einer neuen Epoche“: Russlands Prestige und Bürde nach Syrien-Einsatz

Dank seines effizienten Syrien-Einsatzes und seiner aktuellen Nahost-Politik hat Russland einen neuen Status erhalten – doch dieser bedeutet auch mehr Verantwortung und muss unter Beweis gestellt werden. Darauf weist der russische Auslandsexperte Fjodor Lukjanow hin. Er analysiert auch das Vorgehen des Westens.

In einem Gastbeitrag für die „Rossijskaja Gaseta“ schreibt Lukjanow im Hinblick auf den russischen Truppenabzug aus Syrien:

„Moskaus militärpolitische Leistungen im Nahen Osten haben Russland (wohl etwas überraschend für es selbst) in die einflussreichste äußere Macht verwandelt, von der nun viel in der Region abhängt und erwartet wird. Das ist prestigeträchtig – die Frage besteht allerdings darin, ob Moskau in der Lage ist, seine Bürde nach dem Krieg genauso sicher zu tragen wie während des Kriegs. Wobei das Gewicht dieser Bürde zunehmen wird.“

Zwar sei Russland nun eine Art „unentbehrliche Macht“ – dank seiner sachlich gestalteten Beziehungen zu den Ländern, die einander als Erzfeinde betrachten, wie beispielsweise zu Israel, Saudi-Arabien und dem Iran. Doch dies bedeute auch mehr Verantwortung und mehr Risiken, hieß es.

«Gerechtigkeitshalber muss man sagen: Die Effizienz der russischen Politik hängt damit zusammen, dass sich die traditionellen äußeren Nahost-Akteure derzeit in einem verstimmten Zustand befinden. Vor einigen Jahren wäre es beispielsweise kaum vorstellbar gewesen, dass eine akute Krise in der Levante (buchstäblich wenige Schritte vom Süden des europäischen Kontinents entfernt) ohne Frankreichs Engagement verlaufen wird. Oder dass sich die Rolle Großbritanniens auf spektakuläre Erklärungen beschränkt, die den Geschehensablauf kaum beeinflussen“, so der Kommentar.

„Viele sagen nun, dass es auf jeden Fall nicht möglich sein werde, beim Wiederaufbau in Syrien ohne die EU auszukommen, und das stimmt – doch das ist nicht gerade die Rolle, mit der Paris und London gerechnet hatten“, schreibt Lukjanow.

Mit den USA sei die Situation anders. Washington sei zunächst ein enthusiastischer Befürworter eines Wandels im Nahen Osten und konkret in Syrien gewesen, habe aber damit gerechnet, dass die „richtige Seite der Geschichte“ schnell gewinnen werde. Ein Zusammenbruch des Assad-Regimes sei jedoch ausgeblieben – und es habe sich herausgestellt, dass die US-Regierung keinen klaren Kurs habe, hieß es weiter.

All dies bedeutet laut Lukjanow keine wohlwollende Haltung des Westens zu Russlands Aktivitäten – Moskau wird seinen neuen Status bekräftigen müssen: „Die Verkündung eines Sieges in Syrien markiert den Beginn einer neuen Epoche. Zu Ende ist die postsowjetische Zeit, als das Hauptziel darin bestanden hatte zu beweisen, dass man uns zu früh außer Acht ließ. Nun ist es an der Zeit zu beweisen, dass wir nicht umsonst wiedergekommen sind.“

Quelle: Sputnik