Großbritannien und die 27 verbleibenden EU-Staaten treten offiziell in die nächste Runde der Brexit-Verhandlungen ein.
Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auf ihrem Gipfel am Freitag in Brüssel darauf, zur zweiten Phase der Gespräche überzugehen. Dabei geht es vor allem um eine Übergangsphase nach dem britischen EU-Austritt und einen Handelsvertrag. Ratspräsident Donald Tusk sagte, ein Handelsabkommen bis zum Ausstieg des Königreichs im März 2019 zu vereinbaren, sei “realistisch, aber unglaublich schwierig”. Die britische Premierministerin Theresa May zeigte sich erfreut und betonte, dass ein wichtiger Schritt getan sei, um einen geregelten Austritt zu erreichen und eine tiefe Partnerschaft zu schmieden.
Der Durchbruch wurde bereits vor einer Woche von ihr und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erzielt. Vor der Aufnahme weiterer Verhandlungen mussten aber alle EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Die Regierung in London hat sich sowohl bei ihren finanziellen Verpflichtungen, der Grenze zwischen Irland und Nordirland als auch bei den Rechten der EU-Bürger auf der Insel nach einem Brexit erheblich auf die EU zubewegt, auch wenn noch viele Details offen sind.
STAATSCHEF FORDERN KLARE BOTSCHAFT VON LONDON
Die EU-Kommission, die die Verhandlungen im Namen der 27 Staaten führt, will ab Anfang 2018 zunächst die Modalitäten der Übergangsphase aushandeln. Sie ist für die britische Wirtschaft sehr wichtig, da die Insel in dieser Phase Teil des 500 Millionen Menschen starken EU-Binnenmarktes und der Zollunion bleiben würde. Einem Gipfelbeschluss zufolge soll das Königreich diesen Status aber nur für zwei Jahre nach dem Austritt bekommen. Ab März soll dann um einen neuen Handelsvertrag zwischen den beiden Seiten gerungen werden. Gleichzeitig müsse die britische Regierung klarmachen, wie man sich das künftige Verhältnis mit der EU vorstelle, hieß es in dem Gipfeldokument.
Kanzlerin Angela Merkel mahnte vor übergroßen Erwartungen. “Die schwierige Phase liegt vor uns.” Sie rief zudem die 27 Staaten zur Einigkeit auf. “Wenn wir anfangen, jeder mit seinen Sektorinteresssen sich da aufsplittern zu lassen, dann wird das für niemanden gut enden. Und dieser Wille eint uns.” Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte dem EU-Partner Irland in den Brexit-Verhandlungen Solidarität bei der Durchsetzung von dessen Interessen zu.
In dem Punkt ließen die Staats- und Regierungschefs auf dem Gipfel bewusst wichtige Fragen offen. Unklar sind immer noch die Regelungen für die Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland. Österreichs Kanzler Christian Kern wies darauf hin, dass ein Widerspruch zwischen den Forderungen bestehe, dass es zwischen Irland und Nordirland, aber auch zwischen Nordirland und Großbritannien keine Grenze geben solle — zwischen Großbritannien und der EU aber schon. Er glaube, dass auch “Volksschulkinder erkennen, dass da noch ein Rätsel zu lösen ist”.
Für Diskussionen sorgt in Brüssel auch, inwieweit man Zusagen Mays trauen kann. Das britische Parlament hatte erst am Mittwoch gegen den Willen der konservativen Regierung für sich ein Vetorecht beim Austrittsabkommen durchgesetzt. Zum anderen hatte der britische Brexit-Chefunterhändler David Davies Zweifel an der Verbindlichkeit von Mays Zusagen gegenüber der EU geäußert. Kern sprach der Premierministerin dennoch das Vertrauen aus. “Ich denke, wir können den Briten gut vertrauen.”
Quelle: Reuters