Als Sicherheitslieferant gegen «Feinde»: EU unterwegs zur weiteren Militarisierung

Die EU-Außenminister haben am Montag die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (engl. PESCO) aus der Taufe gehoben. Diese soll die EU auf dem Weg zur Verteidigungsunion voranbringen. Donald Tusk will auf diese Weise die NATO stärken.

Mit einer Zeremonie würdigten am Donnerstag in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU ihren Einstieg in eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Der Start der Kooperation sei «eine gute Nachricht für uns und unsere Verbündeten und eine schlechte Nachricht für unsere Feinde», sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk bei der Begrüßung.

Tusk lobte das Projekt als «praktischen Ausdruck unseres Willens, eine europäische Verteidigung aufzubauen». Bereits am Montag hatten die EU-Außenminister am Montag die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation — PESCO) eingeweiht: ein weiterer Meilenstein auf dem Weg der EU zur Verteidigungsunion. An dieser beteiligen sich 25 der 28 EU-Staaten — nur Großbritannien, Malta und Dänemark sind nicht mit von der Partie. Die Versammlung beschloss vorerst, 17 Militärprojekte durchzuführen, Deutschland übernimmt bei vier von ihnen die Führung.

 

«Martialische Zeremonie» und NATO-Ergänzung

Schulter an Schulter mit hohen Militärs aus jedem der Teilnehmerstaaten standen die Staats- und Regierungschefs der PESCO-Länder beim Gruppenfoto, heißt es auf dem Portal des österreichischen ORF: Die mit diesen gemeinsam abgehaltene Zeremonie am Rande des EU-Gipfels bezeichnete der Sender als «recht martialisch».

Tusk verwies in seiner Ansprache, die er zusammen mit einem General aus Estland hielt, auf die lange Zeit vergeblicher Bemühungen, die Verteidigungspolitik der EU-Staaten zusammenzuführen.

Heute wird der Traum wahr», sagte er.

Die EU-Zusammenarbeit werde aber nicht zu Lasten der NATO gehen, betonte er:

Im Gegenteil, eine starke europäische Verteidigung stärkt die NATO.

Nach dem offiziellen Start von PESCO zu Wochenbeginn müssten nun «schnell die ersten Projekte umgesetzt» werden, hieß es in der am Donnerstag verabschiedeten Abschlusserklärung des ersten Gipfeltags. Die EU-Chefs riefen zudem dazu auf, die Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds voranzutreiben. Aus diesem Fonds wollen die Protagonisten künftig gemeinsame Rüstungsprojekte finanzieren. Die ersten Vorhaben sollten bereits 2019 realisiert werden.

Kampftruppeneinsatz soll EU zum «glaubwürdigen Sicherheitslieferanten» machen

Zudem riefen die Minister zur umfassenden Überarbeitung des Athena-Mechanismus auf. Dieser 2004 eingerichtete Mechanismus regelt die Finanzierung gemeinsamer EU-Einsätze. Er bedarf nun der Überarbeitung, um sicherzustellen, dass Länder, die Truppen stellen, nicht auf den Kosten sitzenbleiben.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini lobte in Brüssel den Start von PESCO als «historische Entscheidung, die die EU weltweit zum glaubwürdigen Sicherheitslieferanten macht». Sie hoffe, dass die EU bald die erste ihrer Kampfgruppen in ein Krisengebiet einsetzen könne. Gemeinsame EU-Kampfgruppen mit bis zu 3.000 Soldaten bestehen bereits seit 2005. Allerdings haben Streitigkeiten in Finanzierungsfragen bisher noch Auslandseinsätze verhindert.

Schnelle Eingreifstruppen als PESCO-Beschleuniger

Auf der Tagesordnung des Treffens der EU-Außenminister stand auch der Plan zur Bildung von gemeinsamen Schnellen Eingreiftruppen. Diese Initiative geht vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron aus, der die Hoffnung auf eine Beschleunigung der EU-Integration nicht aufgibt. Laut der Zeitung Politico enthält Macrons Plan insgesamt 17 Punkte, die eine noch bessere Ausbildung von EU-Soldaten und die Förderung ihrer Einsatzbereitschaft vorsehen.

Mehreren Studien zufolge soll der Grund für die Pläne zur Verstärkung der europäischen Schnellen Eingreifkräfte in der mangelhaften Mobilität der derzeitigen Truppen bestehen. Deswegen seien die Möglichkeiten der Europäer zur Abwehr möglicher Angriffe bzw. zur Entsendung von Kräften in die Krisenregionen ziemlich gering.

Das wichtigste Ziel dieser Initiative bestehe darin, dass die europäischen Länder künftig über alle nötigen Instrumente verfügen, um sofort zu handeln zu können, ohne ständig auf politische oder institutionelle Barrieren zu stoßen. Dies jedenfalls erklären unisono die Expertin der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Claudia Major, und der Leiter der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, Christian Mölling, auf der Webseite des europäischen Carnegie-Centers.

Quelle: RT