Die russische Armee durchläuft im Moment eine breite Modernisierungskampagne, die der Nato zunehmend Sorgen bereitet. Nun hat der Russland-Experte Dmitry Gorenburg in einer Studie der Harvard-Universität aufgezeigt, welche Waffensysteme dem Westen die meisten Sorgen bereiten und welche Gegner Russland (noch) nicht besiegen kann.
Lange Zeit hat sich der Westen laut der FAZ über die Modernisierungsinitiativen der russischen Armee lustig gemacht. Ein Paradebeispiel sei der Vorfall im Jahr 2015 gewesen, als der neuste russische Panzer „T-14 Armata“ bei der Generalprobe zur Siegesparade am 9. Mai stehenblieb.
Angeblich soll der Panzerfahrer von der neusten Technik im Panzer überfordert gewesen sein und habe die Feststellbremse nicht mehr lösen können. Zahlreiche westliche Beobachter spotteten über die „zu modernen“ T-14.
„Kein Wunder, erwiderten westliche Militärexperten. Der ‚Armata‘ sei ein Computer auf Panzerketten und so komplex, dass Bedienungsfehler schnell passierten“, kommentiert die FAZ den Vorfall.
Doch die Missgeschicke und der Spott des Westens ließen den Kreml nicht von seinem Kurs abbringen – die Modernisierungskampagne für Russlands Armee lief weiter. Nun, zwei Jahre nach dem Vorfall, ist die Häme der Nato verflogen.
Das Einschießen eines T-14 Armata im Video:
Wie das Blatt den Militärexperten Dmitry Gorenburg zitiert, erschreckt das Potential der russischen Armee inzwischen selbst die Nato.
„Russland kann sich schon heute in einem konventionellen Krieg gegen jeden Gegner verteidigen und jeden Nachbarstaat außer China besiegen“, unterstreicht Gorenburg.
Zwar halte er die westliche Militärallianz für weiterhin „weit überlegen“, jedoch erreiche Moskau in vielen Bereichen der konventionellen Bewaffnung das Niveau der führenden Mächte.
Russland hole dabei nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ auf. Hunderte Armata-Panzer sollen beispielsweise in den nächsten Jahren in der russischen Armee in den Dienst genommen werden.
So rechnet der britische Rüstungsbranchendienst „Jane’s“ mit über 450 neuen Armatas für das russische Heer allein innerhalb der nächsten zwei Jahre – in der Realität könnte die Zahl aber auch höher sein.
Dazu kommen Hunderte modernisierte Varianten des T-90 Kampfpanzers.
Zum Vergleich: Die Bundeswehr besitzt insgesamt weniger als 400 Kampfpanzer – Tendenz sinkend.
Insgesamt sei das Investitionsprogramm für alle Truppengattungen umfassend und betrage Milliarden Dollar.
„Die Schwerpunkte sind so gelegt, dass Russland mit den technischen Fortschritten seiner direkten Konkurrenten, der Nato und China, mithalten kann“, wird Gorenburg von der FAZ zitiert.
Zudem habe Moskau viel Kampferfahrung in Syrien gesammelt, die umgehend für die Weiterentwicklung der Technik umgesetzt werde.
Besonders gut sichtbar sei die Aufholjagd russischer Technologien bei der Luftwaffe, so der Experte weiter. In den letzten Jahren habe Moskau eine große Anzahl an Kampfflugzeuggen und Kampfhubschraubern erworben. Dem sollen große Transport- und Betankungsflugzeuge folgen.
Die Effektivität der Kombination dieser Fluggeräte sei für Laien wie Experten in Syrien deutlich sichtbar geworden, wo zwei Jahre nach der Intervention Russlands der IS vor dem Kollaps stehe.
Weiterhin solle neben der taktischen Luftwaffe auch das strategische Luftwaffenpotential Russlands massiv ausgebaut werden.
„So soll die Luftwaffe neue und modernisierte Langstreckenbomber vom Typ TU-160 und TU-95 erhalten, die mit dem neuen Marschflugkörper Kh-55 ausgerüstet werden. Die TU-160 ist mit 54 Meter Länge das größte Kampfflugzeug der Welt. Sie kann Raketen und Bomben im Gesamtgewicht von 40 Tonnen transportieren,“ schreibt in diesem Zusammenhang die Frankfurter Allgemeine.
Doch auch weniger sichtbare Waffensysteme erfahren eine Generalmodernisierung. Außer den Atomstreitkräften und der Luftwaffe konzentriere sich Moskau sichtbar auf die Modernisierung des Heeres.
Ein Indiz hierfür sei der ebengenannte Armata-Panzer, ein weiteres die Entwicklung hochpräziser Artillerie im Verbund mit Aufklärungsdrohnen. Drohnen überwachen in Echtzeit das Kampfareal und übermitteln die Daten in Echtzeit an die Artillerie, die in Sekunden reagieren und den Gegner vernichten kann – so das Szenario.
Laut dem Experten weist all dies darauf hin, dass Russland seinen Rückstand auf den Westen bereits in der nahen Zukunft aufholen wird. Das bekannte Carnegie-Forschungszentrum schreibt in einer Studie in diesem Zusammenhang, dass Russland schon bald in der Lage sein werde, in politische Konflikte rund um den Globus militärisch einzugreifen.
Russlands Armee wird also von einem militärischen zu einem geopolitischen Argument. Und genau dies bereitet westlichen Experten die größten Sorgen.
Quelle: Sputnik