Dass US-Kernwaffen in Europa vor allem dem Schutz der Europäer dienen, erklärt Washington immer und immer wieder. Doch im Kriegsfall würde gerade dieser „Schutzschirm“ den Tod der EU-Mitglieder bedeuten, sagt der Analyst Andrej Koschkin von der russischen Vereinigung der Militärpolitologen.
Die EU-Länder seien buchstäblich Geiseln der US-Politik: „Ohne die eiserne Hand der Nato hätten es die USA sehr schwer, die Länder Europas unter Kontrolle zu halten. Daher haben es die Vereinigten Staaten nicht vor, ihre Atomwaffen aus Europa abzuziehen“, sagte der Experte im Gespräch mit dem Portal „rueconomics“.
Kostengünstig wäre der Abzug US-amerikanischer Atombomben auch nicht – im Gegenteil:
„Pentagon unterhält in Europa derzeit sechs Stützpunkte mit Kernwaffen, zwei davon allein in Italien. Deren Standort zu verlegen, würde gewaltige Summen verschlingen.“
Das russische Außenministerium hat die Vereinigten Staaten offiziell dazu aufgefordert, ihre Kernwaffen aus Europa abzuziehen. Nach Moskaus Informationen sind derzeit 200 Bomben mit atomaren Sprengköpfen im EU-Gebiet stationiert. Dass das Pentagon vorhat, diese Waffen zu modernisieren, ist kein Geheimnis. Washington erklärte mehrmals, es seien in erster Linie die Europäer, die den atomaren Schirm der US-Amerikaner benötigten.
Doch „die geopolitischen Gegner der Vereinigten Staaten sind ja bestens darüber informiert, wo sich die Atombombenlager der USA in Europa befinden. Insofern ist klar, wogegen sich der Erstschlag in der heißen Phase eines Konflikts richten würde“, so der Analyst.
Mit anderen Worten: Die Vereinigten Staaten nutzen ihre Nato-Partner sozusagen als Schutzschild.
„Jenen EU-Ländern, in denen die USA Atomwaffen stationiert haben, bleibt einfach nichts anderes übrig, als alle Forderungen der Amerikaner kniefällig zu erfüllen“, sagt der Experte.
Einige EU-Mitglieder lehnen sich jedoch langsam dagegen auf: „Deutschland und Frankreich haben inzwischen begriffen, dass die US-Sanktionen vor allem die Interessen europäischer Player einengen. Auch der Kampf der USA gegen russische Gaspipelines ist nicht im Interesse der EU.“
Doch selbst wenn die Auflehnung zum offenen Protest wird: Die USA werden ihre Kernwaffen aus Europa keinesfalls abziehen; „die Atombomben wandern dann einfach in andere Länder weiter – nach Polen, Rumänien, Bulgarien und die baltischen Staaten“, sagt der Analyst.
„Diese Staaten sind ja gegenüber den Vereinigten Staaten absolut ergeben. Sie würden es einfach nicht wagen, sich der Verlegung von Atomwaffen zu widersetzen.“
Dabei ist mit dem Ende des Kalten Krieges die Notwendigkeit entfallen, Atomwaffen in Europa zu halten. Trotzdem ziehen die Vereinigten Staaten diese Waffen nicht ab. Russland hingegen hat seine Verpflichtungen schon längst erfüllt und sein Kernwaffenarsenal aus den postsowjetischen Republiken abtransportiert.
Auf den US-Stützpunkten in Europa ist laut dem Portal größtenteils die Bombe B61 stationiert, die Hauptwaffe der strategischen Kräfte der Vereinigten Staaten. „Die USA haben es vor, die B61 zu modernisieren und auf den Stand B61-12 zu bringen. Das ist ein strategisches Ziel des Pentagons, um die Atomwaffen in der EU effektiver zu machen“, sagt Koschkin.
Die B61-12 wird laut dem Portal als Lenkbombe ausgelegt, die auch von Überschallflugzeugen getragen werden kann. Das heißt, mit dieser Bombe werden dann nicht nur strategische Bomber, sondern auch taktische Kampfjets bestückt werden können. Ab 2018 soll die modernisierte Atombombe in Dienst gestellt werden.
„Es wird wohl kaum jemandem gefallen, diese Bombe – im Grunde also den eigenen Tod – auf eigenem Gebiet aufzunehmen. Die Vereinigten Staaten aber werden schon Wege finden, um ihre Verbündeten zu überzeugen – sei es mit wirtschaftlichen oder politischen Druckmitteln“, sagt der Experte.
Quelle: Sputnik