US-Sanktionen bereiten Kopfschmerzen für europäische Firmen in Russland

Die europäischen Unternehmen in Russland haben im Jahr 2017 ein Wachstum erlebt. Doch die antirussischen US-Sanktionen führen zu Rechtsunsicherheit und behindern die Investitionsentscheidungen der EU-Firmen. Der Vorsitzende der Assoziation des Europäischen Business (AEB) in Russland Dr. Frank Schauff zog für Sputnik die Bilanz des Jahres 2017.

Das Wachstum der europäischen Unternehmen in Russland betreffe in erster Linie die Automobilbranche. In manchen Bereichen seien Zuwächse bis 70% zu verzeichnen. Doch die Stimmung der Businessgemeinschaft bleibe, obwohl sich das Bild der russischen Wirtschaft für Investoren aufgehellt habe, vorsichtig. Und das vor allem wegen der US-Sanktionen gegen Russland. Die Ungewissheit führe zu Rechtsunsicherheit und Schwierigkeiten bei Investitionsentscheidungen, unterstrich der AEB-Chef.

„Die Schwierigkeiten bestehen darin, dass es unklar ist, wie die US-Gesetzgebung in der Praxis ausgeführt wird. Daher ist die Lage unübersichtlich. Die Folgen sind noch schwer absehbar. Der Beschluss des US-Kongresses bereitet den großen europäischen Firmen, die auch in den USA wirtschaftliche Interessen haben, Kopfschmerzen.“

Von daher entstehe die Frage, wie sich die weitere Entwicklung auf konkrete Investitionsentscheidungen auswirken werde.

„Denn dieser Beschluss betrifft in erster Linie die europäischen Firmen, die deutlich stärker in Russland vertreten sind als die amerikanischen Firmen. Russland hat mehr als 40 Prozent seines Außenhandels mit der Europäischen Union, 50 Prozent der Direktinvestitionen kommen aus den europäischen Quellen. Das heißt, alle Entscheidungen, die die USA im Hinblick auf die außenwirtschaftlichen Beziehungen Russlands treffen, betreffen in erster Linie europäische Firmen.“

Die AEB-Führung sei im Gespräch mit der Europäischen Kommission, die laut Dr. Schauff schnell reagiere. Die Bundesregierung und andere europäische Regierungen hätten gegenüber den USA klargemacht, dass die Sanktionsbeschlüsse sehr problematisch seien. Das habe teilweise zur Entschärfung geführt. Doch wie sich die Situation weiter entwickeln werde, sei im Moment schwer zu bewerten.

Das Bild der russischen Wirtschaft hätte sich für die EU-Businessgemeinschaft in Russland 2017 deutlich aufgehellt und sei laut einer AEB-Umfrage so wie 2013, also vor der Krise. In den letzten Jahren zeigen die Unternehmer mehr Interesse für die russischen Regionen. Wenn die Firmen vor 25 Jahre vor allem nach Moskau und St. Petersburg gegangen seien, habe sich diese Bewegung jetzt stärker diversifiziert. Nicht nur die Zentralregionen Kaluga und Tula hätten Entwicklung gezeigt, sondern auch die Südregion Krasnodar und Krasnojarsk in Sibirien.

„Man muss klar sagen, dass sich Russland als größtes Land der Erde sehr unterschiedlich in seinen Regionen darstellt. Die Regionen sind unterschiedlich gut administriert. Für die Unternehmer ist neben Fragen der Geographie in erster Linie die Frage der guten Verwaltung von Relevanz. Russland hat dabei in den letzten 10 Jahren größte Veränderung erlebt, die Regionen haben ihre Arbeit mit den ausländischen Investoren deutlich stärker professionalisiert. Und das ist eine positive Entwicklung.“

Doch nicht alle Fragen seien schon gelöst. Die Rahmenbedingungen für die europäischen Firmen hätten sich im letzten Jahr nicht vereinfacht. Es gebe Beschränkungen bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen und der Belieferung von Staatsunternehmen. Diese Situation betrachte man in der AEB kritisch und bleibe darüber im permanenten Dialog mit der russischen Regierung.

Auf eine Prognose für 2018 befragt, sagte der AEB-Generaldirektor:

„Ehrlich gesagt unterscheidet sich meine Prognose wenig von den Prognosen, die andere machen. Ich gehe davon aus, dass Russland stabil wachsen wird. Dies kann ein Ansporn für die russische Regierung sein, die Wirtschaft weiter zu diversifizieren.“

Die Assoziation des Europäischen Business (AEB) ist die Hauptvertretung der ausländischen Investoren in Russland. Zu ihren Mitgliedern gehören 500 Firmen.

Natalia Pavlova

Das komplette Interview zum Nachhören:

Quelle: Sputnik